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Thema: Wie haltet ihr das psychisch durch?

  1. #1
    Enisa und Edin
    Gast

    Standard Wie haltet ihr das psychisch durch?

    Es gibt da etwas, was mich momentan sehr beschäftigt und zwar ist es so, dass ich mich psychisch irgendwie voll am Ende fühle.

    Ich lese mich hier sehr oft durch die Threads durch und mir fällt auf, wie tapfer doch all` die Mamis und Papis sind, steckt ihr dass denn wirklich alles so einfach weg.

    Bei mir ist es so, dass kein einziger Tag vergeht, an dem ich nicht einmal meine 5 Minuten bekomme und einfach nur am heulen bin, ich weiss, dass mir dass nichts bringt, aber ich habe Angst!

    Immer wenn ich meinen Kleinen anschaue bekomme ich Schuldgefühle, ich fühle mich schuldig allein deswegen, weil ich mir so sehr ein 2. Kind wünschte, aus Egoismus und das Kind leidet jetzt meinetwegen.

    Es vergeht keine Nacht in der ich mich nicht nur hin und her wälze und mir tausend Gedanken durch den Kopf gehen und wenn ich dann einschlafe erwache ich durch irgendwelche irrsinnigen Alpträume, die meinen Kleinen betreffen. Ich habe Angst vor der bevorstehenden OP, ich habe Angst, was die Zukunft noch so mit sich bringt, mein Leben besteht nun statt Friede, Freude, Eierkuchen nur noch aus Ängsten und Schuldgefühlen!

    Seit der Geburt von unserem Kleinen habe ich auch keine Lust auf Intimitäten mit meinem Mann, obwohl er sehr verständnisvoll und liebenswürdig ist und es ihn ja alles auch so betroffen hat wie mich selber. Meiner Grossen gegenüber reagiere ich sehr gereizt, obwohl ich dass gar nicht möchte, ich muss mich schon sehr zusammenreißen um ihr nicht gereizt z. B. auf ihre Fragen zu antworten oder sie um etwas zu bitten.

    Ich fühle mich einfach nur schlecht und das Schlimme daran ist, dass meine Familie darunter leidet, ich habe Angst meiner Grossen eine schlechte Mutter zu sein durch mein " gereizt sein" !

    Gab es das bei Euch auch oder stehe ich wirklich allein damit da? Und was kann ich dagegen tun?

  2. #2
    Enisa und Edin
    Gast

    Standard Hallo liebe Kirsten!!!

    Danke für Deine schnelle Antwort, es tut gut zu wissen, dass diese Gefühle irgendwie "normal" zu sein scheinen, ich dachte schon, dass ich langsam "verrückt" werde.

    Bin sehr froh, dass es solche Menschen gibt wie Dich und auch all die anderen hier im Forum.

    Gäbe es dieses Forum hier nicht, ich glaube, ich wäre ganz schön aufgeschmissen!!!

    Danke und ganz, ganz liebe Grüsse...

  3. #3
    Avatar von Dani & Corvin
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    Standard

    Hallo Enisa,

    ich war wegen der Schuldgefühle und anderen Problemen die ich seid Corvins Geburt hatte sogar in Psychologischer Behandlung! Ich hatte eine Wochenbettdepression! Ich war sehr agressiv und super sensibel! Es gab Tage an denen bin ich nicht mal mehr vor die Tür gegangen! Ich gab mir die Schuld an der Spalte und bin fast zerbrochen an dem Gedanken das er ja nur wegen mir die Operationen über sich ergehen lassen muss! Ich dachte ständig alles flasch zu machen und eine schlechte Mutter zu sein! An extremen Tage dachte ich sogar das er bei anderen Eltern besser aufgehoben sei, da andere das bestimmt besser hinbekommen würden als ich! Seid dem ich in Therapie bin geht es mir besser! Aber auch die Fortschritte die jeden Tag macht und wie er mich anstrahlt und mir das Gefühl gibt das er mich liebt, mit all meinen Macken haben mir sehr viel Kraft gegeben!

    Ich glaube, das ist sehr schwer darüber so offen zu reden und deswegen hast du das Gefühl es geht nur dir so, aber so ist es nicht!
    Dani & Philip mit Corvin * 20.07.06 (doppels. LKGS)



  4. #4
    Avatar von Sonia mit Simon
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    Standard

    Hallo Enisa,

    ich kann dich gut verstehen. ich behaupte immer wieder, die ersten 6 Wochen nach Simons Geburt waren die schlimmsten in meinem Leben und ich möchte sie nie wieder erleben. Ich habe die Tage "durchgeweint" und bin überhaupt nicht mehr auf die Füsse gekommen. All die klugen Sprüche damals, wie z.B. "die Zeit arbeitet für sie, das wird schon" habe ich als blanken Hohn betrachtet. Und irgendwann habe ich mich dann berappelt, mich durchs gesamte Internet gelesen, alles über die Pierre-Robin-Sequenz inhaliert und bin letztendlich dann auf das Stickler-Syndrom gestossen, das vor uns auch nicht Halt gemacht hat. Aber ab da ging es mir wieder besser, ich hatte eine Diagnose und einen tollen kleinen Mann als Sohn, der seine "Fehlbildungen" mit Bravour meistert und immer ein kleiner fröhlicher Kerl ist.

    Nun waren wir im Februar zur sehr ausführlichen U7 und auch zur Kontrolle in der Spaltsprechstunde. Der Kommentar meiner Kinderärtzin war: "Wer würdigt eigentlich was sie bei diesem kleinen Mann in den letzten 2 Jahren geleistet haben? Er ist nun manchen Dingen weiter als ein anderer 2 Jähriger und hat die Note 1+ von ihr bekommen. Der Kieferchirurg war von seiner Entwicklung genauso begeistert. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich bin nun endlich in der Lage, Simon als ganz normales Kleinkind zu betrachten und habe nicht mehr bei jeder Entwicklungsverzögerung Angst, es könnte etwas mit evtl. Sauerstoffmangel in den ersten 6 Wochen zu tun haben...Du siehst also, auch ich habe mir immer wieder intensive Gedanken gemacht, was da noch alles kommen kann, wie Simon sich weiter entwickeln wird etc...und war auch nach einem Jahr oftmals noch sehr nachdenklich. Im Rückblick kann ich nur sagen, das mich diese schlimmen ersten 6 Wochen und die gesamten letzten 2 Jahre sehr geprägt haben und ich inzwischen viele Dinge aus einer anderen Sichtweise betrachte. Und das würde ich auch nicht missen wollen...

    Ich bin z.B. überhaupt nicht gläubig, aber eine Bekannte sagte irgendwann mal zu mir: " Der Herr gibt einem nur das auf, was man ertragen kann" und aus diesem Satz ziehe ich mir immer wieder meine Kraft, denn mehr hätte ich nicht ertragen. Trotzdem bin ich nach Simons Geburt ein ganzes Stück stärker geworden. Dinge über die ich mich früher aufgeregt habe, belächel ich inzwischen, Dinge die ich früher nicht für wichtig hielt, haben inzwischen einen ganz anderen Stellenwert bei mir, usw...

    Diese Phasen die Du gerade durchlebst sind wirklich ganz normal. Auch wenn es jetzt für Dich wie Hohn klingt: Die Zeit arbeitet für Dich und es wird von Monat zu Monat besser werden!!! Ich schicke Dir einen virtuellen Kraftknuddler...
    Geändert von Sonia mit Simon (05.04.2007 um 15:05 Uhr)
    Liebe Grüsse aus dem Norden

    Sonia mit Simon ( 11 Jahre alt, PRS, Stickler-Syndrom)
    & Saskia ( 19 Jahre alt) und Ehemann Sven

  5. #5
    jeanette
    Gast

    Standard

    Hallo,

    also mich erleichtert das ja sehr, dass es nicht nur mir so geht. Ich wußte ja schon in der 22. SSW von der Spalte und das hat mir eine sehr schwere Schwangerschaft beschert. Ich habe mich ab dem Zeitpunkt einfach nicht mehr so auf das Kind freuen können. Ich habe mir Vorwürfe gemacht, habe monatelang überlegt, was ich in den ersten Wochen falsch gemacht habe und das Schlimmste war, dass ich immer Angst hatte, ich könnte das Kind mit der offensichtlichen Fehlbildung nicht lieben. Für mich war es leichter, als er dann endlich da war. Ich glaube, ich habe ganz viel Trauerarbeit auch schon vor der Geburt "erledigt". Aber ich glaube, so richtig ausgestanden ist das nicht so schnell.

    Ich springe hier jetzt bald mal jemand an den Hals, nur weil der zu mir sagt: "Das kann man heute ja so gut machen, da sieht man ja dann gar nichts mehr." Erstens sieht man es bei so einer großen Spalte sowieso immer und zweitens denken ganz viele, dann ist es erledigt. Und das erschöpft mich zur Zeit so, dass ich immer und immer erklären muss, was da noch dran hängt und dass es nicht nur um das geht, was man sieht.
    Ein genauso großer Streß waren die Kommentare: "Es ist ja egal, was es wird. Hauptsache gesund!" Sag ich nie mehr zu jemandem. An guten Tagen habe ich da einfach forsch gekontert: "Tja ist er nicht und wir lieben ihn trotzdem" An schlechten habe ich das Ganze einfach abgenickt.

    Unser Jakob hat "nur" eine Spalte, aber auch die muss glaube ich betrauert werden und nur zu denken, dass es schlimmeres gibt, hilft halt nicht immer.

    Ich bin so froh, dass es dieses Forum gibt und ärgere mich ein bißchen, dass ich mich hier nicht früher zu Wort gemeldet habe. Denn seit ich hier regelmäßig lese und auch mal was schreibe, bin ich lang nicht mehr so allein mit meinen Sorgen und auch mit meinem Kummer.

    Also Dir ganz herzlichen Dank, dass Du dieses Thema eröffnet hast. Ich habe mich das leider nicht getraut.

    Grüße, Jeanette.

  6. #6
    ecflynn
    Gast

    Standard

    Hallo Enisa,
    auch ich kann nur sagen, es ist "leider" vollkommen normal und wird sich mit der Zeit auch bessern.
    Wir wussten bereits in der 16 SSW das Haydan mit einer Spalte auf die Welt kommen wird und ich habe mir auch wahnsinnige Vorwuerfe gemacht. Ich bin alles von hinten bis vorne und oben bis unten durchgegangen was ich nur falsch gemacht habe, vom fliegen, zum arbeiten in einem KH, zum Stress, ach weiss der Geier, ich wollte einfach eine pausible Erklaerung.
    Die habe ich aber heute leider noch nicht bekommen und dank einer fruehen Diagnose habe ich wirklich viel darueber gelesen. Auch das Buch "Gespaltene Gefuehle" hat mir sehr geholfen und natuerlich das super Forum und ich habe auch viele Eltern im Raum Bayern einfach angerufen.
    Ich hatte auch so eine super schlechte Zeit nach der Geburt meiner Maeuse mit vielen vielen Traenen, vor allem kamen die zwei Maedels auch noch 2 Monate zu frueh auf die Welt, dann ging es natuerlich weiter mit Schuldgefuehlen, ich war sooooooooooooo sauer auf meinem Koerper das er einfach aufgegeben und versagt hat.
    Das Verhalten gegenueber Deinem Mann und Deiner Tochter wuerde ich auch als normal einstufen, bloss denk immer daran, die sind genauso davon betroffen wie Du. Von daher dickes zusammenhalten und viel darueber sprechen hilft bestimmt.
    Mach Dir keine Gedanken, die Zeit geht vorbei und falls Du denkst es nicht alleine zu schaffen, schau Dich doch einfach nach professioneller Hilfe um. Mann muss ja nicht immer alles im Leben alleine schaffen.
    Mein Lieblingsspruch ist "What doesn't kill you, makes you even stronger" und daran glaube ich auch fest. Bin auch nicht gerade super glaeubig, aber ich glaube Gott hat mir dieses Kind aus einem bestimmten Grund gegeben. Wenn ich bedenke was ich alles dazugelernt habe und wie viele super nette Leute ich durch die LKGS kennengelernt habe, von daher ist mein Leben um einiges reicher geworden, nicht nur durch meine Kinder, aber auch durch die LKGS.
    Liebe Gruesse und Kopf hoch.
    Christine

  7. #7
    Avatar von Julia und Felix
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    hallo enisa,

    auch wir gehen immer mal wieder durch das tal der tränen. heute kann ich dir sagen, dass es "normal" ist und man es zulassen muss, wie es morgen sein wird, steht wieder auf einem ganz anderen blatt.
    ich glaube, egal, ob es "nur" eine spalte ist oder noch etwas anderes dazu- jeder geht damit auch ganz unterschiedlich um und es ist völlig ok, wenn du eben nicht die "superstarke" bist- ich bin es auch nicht und ich könnte manchmal umkippen vor lauter müdigkeit und abgeschlagenheit. wir wussten ab der 26. von der spalte, zwei wochen später kamen klumpfüße dazu, wieder zwei wochen später ein herzfehler und alles zusammen legte die vermutung nahe, dass unser kind mit trisomie 13 oder 18 geboren werden würde. ich habe hier in der ecke gelegen und den lieben gott angefleht, er möge mir bitte, bitte nicht dieses kind auch noch wegnehmen (hatte vorher eine fehlgeburt).
    erst bei der geburt, bzw. kurz danach war wirklich klar, dass er keine trisomie hat.
    ich hatte mir so fest vorgenommen, ab dem tag nur noch dankbar zu sein, nichts mehr in frage stellen zu wollen, weil ich ja mein ersehntes baby habe.
    das klappt so nicht! wir sind in der woche meist drei-viermal in der uni, waren nun auch schon wegen dem herzen wieder stationär da und heute sind wir wieder in großer sorge dagewesen, weil felix so derbe koliken hat, dass er blau anläuft und schwitzt wie ein tier. die herz-op wird nun in den nächsten wochen sein und ich habe eine scheiss- angst. ich versuche mich dann daran zu erinnern, was eine mutti zu mir sagte, die ich auf der kinderkardiologie kennengelernt habe. sie erzählte mir von der reise nach holland. man bucht einen flug nach florida, steigt aus dem flieger und plötzlich sagt jemand "willkommen in holland!"
    schon eltern von "normalen" kindern haben all diese ängste und vorstellungen, die meist nicht erfüllt werden. bei uns kommen zu den normalen dingen noch die ganzen termine, gutgemeinten ratschläge etc. dazu und man fragt sich manchmal, wieso man das alles so ganz dringend wollte(man wollte doch eigentlich nach florida:) ) und dann stellt man fest, dass es auch in holland wunderschön sein kann!
    das ist aber wohl eine sache, die mit der zeit kommt und wahrscheinlich können wir hier noch derbe von "den alten Hasen" lernen.
    verlier nicht den mut!!! l.g.julia

  8. #8
    Avatar von Sonia mit Simon
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    Ich noch mal... Ich habe die Geschichte " Willkommen in Holland" rausgesucht, weil ich sie auch soo klasse und aufbauend finde. Ich habe damals von meiner Hebamme ( die selbst ein schwerstbehindertes Kind hat) die Geschichte von Erma Bombeck bekommen und diese Geschichte hat mir in der Anfangszeit sehr geholfen, um so dankbarer bin ich, das Simon keine gravierenden Behinderungen zurückbehalten hat!!! Also viel Spaß beim Lesen und Nachdenken!!!!
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    Willkommen in Holland

    Ich werde oft gefragt, wie es ist ein behindertes Kind großzuziehen. Es ist wie folgt:
    Wenn man ein Baby erwartet, ist das, wie wenn man eine wundervolle Reise nach Italien plant. Man deckt sich mit Reiseprospekten und Büchern über Italien ein un plant die wunderbare Reise. Man freut sich aufs Kolosseum, Michelangelos David, eine Gondelfahrt in Venedig, und man lernt vielleicht noch ein paar nützliche Brocken Italienisch. Es ist alles so aufregend. Nach Monaten ungeduldiger Erwartung kommt endlich der lang ersehnte Tag. Man packt die Koffer, und los gehts. Einige Stunden später landet das Flugzeug. Der Steward kommt und sagt: "Willkommen in Holland." "Holland?!? Was meinen sie mit Holland?!? Ich habe eine Reise nach Italien gebucht! Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt, nach Italien zu fahren!"
    Aber der Flugplan wurde geändert. Du bist in Holland gelandet, und da mußt du jetzt bleiben. Wichtig ist, die haben uns nicht in ein schreckliches, dreckiges, von Hunger, Seuchen und Krankheiten geplagtes Land gebracht. Es ist nur anders als Italien.
    So, was du jetzt brauchst, sind neue Bücher und Reiseprospekte, und du mußt eine neue Sprache lernen, und du triffst andere Menschen, welche du in Italien nie getroffen hättest. Es ist nur ein anderer Ort, langsamer als Italien, nicht so auffallend wie Italien. Aber nach einer gewissen Zeit an diesem Ort und wenn du dich vom Schrecken erholt hast, schaust du dich um und siehst, dass Holland Windmühlen hat... Holland hat auch Tulpen. Holland hat sogar Rembrandts.
    Aber alle, die du kennst, sind sehr damit beschäftigt, von Italien zu kommen oder nach Italien zu gehen. Und für den Rest deines Lebens sagst du dir: "Ja, Italien, dorthin hätte ich auch reisen sollen, dorthin habe ich meine Reise geplant."
    Und der Schmerz darüber wird nie und nimmer vergehen, denn der Verlust dieses Traumes ist schwerwiegend.
    Aber... wenn du dein Leben damit verbringst, dem verlorenen Traum der Reise nach Italien nachzutrauern, wirst du nie frei sein, die speziellen und wundervollen Dinge Hollands genießen zu können."
    Emily Perl Kingsley


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    Die Spezialmutter

    von Erma Bombeck (uebersetzt aus dem Englischen)

    Die meisten Frauen werden durch Zufall Mutter. Manche freiwillig, einige unter gesellschaftlichem Druck, andere haben es lange geplant und erhofft, und ein paar werden Mutter aus reiner Gewohnheit. Dieses Jahr werden mehr als 100.000 Frauen Muetter behinderter Kinder werden.

    Haben Sie sich schon einmal Gedanken darueber gemacht, nach welchen Gesichtspunkten die Muetter behinderter Kinder auserwaehlt werden? Ich stelle mir Gott vor, wie er auf die Erde sieht und sich die Werkzeuge der Arterhaltung mit groesster Sorgfalt und Ueberlegung aussucht. Er beobachtet genau und diktiert dann seinen Engeln Anweisungen ins riesige Hauptbuch.

    "Maier, Irmgard: Einen Sohn. Schutzheiliger: Matthias

    Foerster, Margot: Eine Tochter. Schutzheilige: Caecilie

    Ruester, Carola: Zwillinge. Schutzheiliger? Gebt ihr Gerhard, der ist es gewohnt, dass geflucht wird."

    Schliesslich nennt er einem Engel einen Namen und sagt laechelnd:"Ihr gebe ich ein behindertes Kind."

    Der Engel ist neugierig:"Warum gerade ihr, oh Herr? Sie ist doch so gluecklich !" "Eben deswegen !" sagt Gott laechelnd. "Kann ich einem behinderten Kind eine Mutter geben, die das Lachen nicht kennt? Das waere grausam."

    "Aber hat sie denn die noetige Geduld ?" fragt der Engel.

    "Ich will nicht, dass sie zuviel Geduld hat, sonst ertrinkt sie in einem Meer von Selbstmitleid und Verzweiflung. Wenn der erste Schock und Zorn abgeklungen sind, wird sie es tadellos schaffen. Ich habe sie heute beobachtet. Sie hat den Sinn fuer Selbstaendigkeit und Unabhaengigkeit, der bei Muettern so selten und so notwendig ist. Verstehst du, das Kind, das ich ihr schenken werde, wird in seiner eigenen Welt leben. Und sie muss es dazu bringen, in der ihren zu leben. Das wird nicht leicht werden."

    "Aber Herr, soviel ich weiss, ist ihr Glaube an dich nicht besonders stark !"

    Gott laechelt. "Das macht nichts, das bringe ich schon in Ordnung. Nein, sie ist hervorragend geeignet. Sie hat genuegend Egoismus."

    Der Engel ringt nach Luft. "Egoismus ? Ist das denn eine Tugend ?" Gott nickt. "Wenn sie sich nicht gelegentlich von dem Kind trennen kann, wird sie das alles nicht ueberstehen. Diese Frau ist es, die ich mit einem nicht ganz volkommenen Kind beschenken werde. Sie weiss es zwar noch nicht, aber sie ist zu beneiden. Nie wird sie ein 'gesprochenes Wort' als Selbstverstaendlichkeit hinnehmen. Nie 'einen Schritt' als etwas Alltaegliches. Wenn ihr Kind zum erstenmal 'Mama' sagt, wird ihr klar sein, dass sie ein Wunder erlebt. Wenn sie ihrem Kind einen Baum, einen Sonnenuntergang schildert, wird sie ihn so sehen, wie nur wenige Menschen meine Schoepfung sehen. Ich werde ihr erlauben, vieles deutlich zu erkennen, was auch ich erkenne --- Unwissenheit, Grausamkeit, Vorurteile --- und ich werde ihr erlauben, sich darueber zu erheben. Sie wird niemals allein sein. Ich werde bei ihr sein, jeden Tag ihres Lebens, jede einzelne Minute, weil sie ihre Arbeit ebenso sicher tut, als waere sie hier neben mir."

    "Und was bekommt sie fuer einen Schutzheiligen ?" fragt der Engel mit gezueckter Feder.

    Da laechelt Gott:"Ein Spiegel wird genuegen !"

    __________________________________________________ ____________________________

    Liebe Grüsse

    Sonia
    Geändert von Sonia mit Simon (06.04.2007 um 20:23 Uhr)
    Liebe Grüsse aus dem Norden

    Sonia mit Simon ( 11 Jahre alt, PRS, Stickler-Syndrom)
    & Saskia ( 19 Jahre alt) und Ehemann Sven

  9. #9
    Wiebke und Karl Gustav
    Gast

    Standard

    Hallo ich finde es ebenfalls sehr gut zu den Gefühlen zu stehen!
    Wir haben es sehr früh erfahren und dazu kommt das mein Mann ebenfalls ein bds.LKGS hat. Ich war am Boden zerstört, als es dann bestätigt wurde, die vielen Gedanken darum, es sind ja nicht nur die Op´s zudem war bei uns ja noch der Verdacht auf Trisomie 13/18! ich war mit meinen Gefühlen in dem Moment völlig allein, es konnte sich ja niemand in meine Lage versetzen, auch wenn es alle gut gemeint haben , sie haben ja schließlich Kinder mit den alles iO ist! Bis wir dann im MKG waren, da kam die wendung, das Gespräch hat mich unheimlich aufgebaut(Fr Dr Lauster scheint ein Händchen dafür zu haben,muss sie glaube ich auch)ich habe von der Ärztin einen packen zettel in die Hand bekommen in dem alles für mich in der Sitiation wichtige drin stand, "....wenn ihr Neugeborenes eine Gesichtsspaltbildung hat, lassen sie ihren Emotionen freien Lauf.....bemühen sie sich aber bitte, bald zu der Einstellung (zurück)zu finden, dass Ihr Kind für sie das süsseste Baby der Welt ist" ich empfand das damals ein wenig übertrieben, ich konnte mir nicht vorstellen so zu empfinden, inzwischen bin ich aber auch der Ansicht er ist einfach nur süß! Ich weis auch nicht woher ich die Kraft dafür nehme, ich trau es mir fast nicht zu schreiben, aber ich habe noch nicht einmal geweint wegen dem Kleinen, ich kann aber auch jeden verstehen der nicht so damit klar kommt, wünsche ganz viel Kraft auf dem weiteren Weg dahin.Was ich damit eigentlich sagen möchte, ich wäre bestimmt nicht da wo ich bin, wenn es nicht das MKG gäbe und die beiden tollen Ärzte und die lieben Schwestern in Berlin, das macht glaube ich sehr viel aus!

    Vielleicht habe ich nur viel Glück mit den Leuten gehabt, die mir zur Seite standen!

    Worüber ich sehr foh bin ist das Forum hier, ich versuche so oft es geht zu schauen, finde immer wieder was interressantes!

    Ich hoffe ich werde nicht falsch verstanden!
    Ich habe auch das Gefühl, ich möchte was von meiner Kraft an diejenigen geben die allein damit sind!Ob mir das gelingt, weis ich nicht!

    LG Wiebke

  10. #10
    MelliMarco
    Gast

    Standard

    Hallo Enisa....

    Habe jetzt minutenlang vor dem Bildschirm gesessen und mich gefragt wie ich all das, was mir gerade durch den Kopf jagt in Worte zu fassen....
    Ich denke nichts ist und tut so gut wie seine Gefühle zu zulassen und zu zeigen. Einige machen es mit sich selbst aus, andere brauchen die Familie und wieder andere nehmen prof. Hilfe in Anspruch.....für jeden ist das richtig wie er es handhabt..........
    All das, was jeder von uns durchmacht, egal ob Mann oder Frau, ist einfach nur natürlich !
    Wie ich von der Spalte erfahren habe während der ssw hab ich mir keine Schuldgefühle gemacht, denn ich hatte eine gute Ärztin und bin sehr schnell auf dieses Forum gestoßen und habe gemerkt, daß wir nicht allein sind und daß es auch keinen Grund gibt mir Schuldgefühle machen zu müßen, denn ich war froh endlich ein Baby zu bekommen -hatte im Sep. 05 eine Fehlgeburt - und es hatte mich Kraft und Mut gekostet wieder Schwanger zu werden.
    Wie dann der Herzfehler hinzu kam, war das auch noch nicht der weltuntergang für mich........als dann aber fest stand, daß Lena-Marie nicht in meinem Bauch wächst und nicht zunimmt fing es bei mir an....Fragen wie "warum wolltest du noch ein Baby" oder "muß es uns jetzt schon wieder treffen" und noch viele andere kamen und ich noch ins Krankenhaus mußte, war dann alles vorbei...dann kam der vorzeitige Blasensprung, die Geburt und eine Diagnose nach der anderen...und jetzt dieses hoffen und bangen...nicht eingreifen können.....den Boden unter den Füßen zu verlieren....und dann noch die Familie daheim...unser Sohn, der auch fordert, zu Recht, und ich mich aber selbst dabei ertappe, daß ich liebevoller mit Lena-Marie umgehe wie mit Maximilian...ich auch genevt und gereizt ihm gegenüber bin....und da mir das sowas von bewußt ist, zerreißt es mich....als würd ich falllen....tiefer....tiefer...keine Land ist in sicht.....die Tränen kommen einfach so...wenn ich allein bin, wenn ein ruhiges Lied kommt, wenn ich eine traurige kitsch szene im Fernseher sehe, wenn ich meiner Familie gegenüber sitze, wenn ich mich über mich selbst ärgere......aber es ist normal...und auch völlig okay........

    Wir ALLE schaffen das.....................

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