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Thema: Reaktionen anderer Menschen ..... VOR DEN OPs

  1. #1
    Antje mit Nils
    Gast

    Standard Reaktionen anderer Menschen ..... VOR DEN OPs

    Hallo,


    als ich in Münster war, habe ich eine Mutter eines Spaltkindes getroffen die mir folgende Story erzählt hat: Ihr Sohn ist mit einer linksseitigen LKG-Spalte auf die Welt gekommen. Sie war dann mit ihm einkaufen. Er lag im KiWa und sie war ein Stück weg an einem Wühltisch. Zwei ältere Damen sind dann an den Wagen gegangen. Eine Dritte stand etwas weiter weg. Als eine der Damen die Spalte entdeckte hielt sie sich die Hand vor den Mund und meinte nur O Gott und rief die Dritte zum Wagen mit den Worten" guck dir das bloß an...". Die Mutter stand in Hör- und Sichtweite.
    Wir haben mit Nils auch "schlechte" Erfahrungen gemacht was die Reaktionen Fremde angeht. Aber nicht in diesem Ausmaß. Leute sind stehengeblieben und haben Nils angestarrt oder so. Manchmal haben uns Leute auch direkt darauf angesprochen.
    Wie war das bei euch so? Im Moment muß ich viel darüber nachdenken. Auch über andere Sachen die ich in Münster bei der OP erlebt habe. Ich hab darüber nochwas in der Plauderecke, weil es nichts mit LKG-Spalte zu tun hat.

    LG
    Antje+Nils

  2. #2
    Avatar von Nicole und Julia
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    08.07.2004
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    Dillingen an der Donau
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    2.054

    Standard

    Das ist ein Sehr gutes Thema, frag mich warum ich nicht schon selber drauf gekommen bin.

    Nun ja... muß dazu sagen das ich es meinem ganzen Bekanntenkreis damals erklärt habe und es ja auch schon vor der Geburt wußte. Von daher waren die alle informiert und haben so super und lieb auf Jule reagiert. Nie ein Böses Wort, nie dumme Blicke, oder Gaffende Blicke!

    Muß sagen ihre ganze Babyzeit bis die Spalte geschlossen wurde war rundrum sehr schön und harmonisch was diese Sachen anging. Hatte ja auch gerade vor den Reaktionen so viel Angst.

    Einmal sagte ein Junge im Legoland zu einem anderen," schau dir mal das Baby da an, das hat was komisches am Mund! " aber da war es. Einmal wurden wir von Spalteltern angesprochen die es sofort gesehen haben und uns auch ihren schon operierten Sohn vorstellten, und ansonsten ... auch in BB wo ich auf Therapie war, ältere Omis, kein Problem. Die sehen solche Kinder dort wohl öfter. Auf alle Fälle haben immer nur alle von Jules tollen großen blauen Augen geschwärmt aber die Spalte total vernachläßigt.

    Bin darüber auch so froh und bekomme heut wo Jule operiert ist auch nur viel Lob über das tolle Ergebnis und das man so gut wie nix mehr sähe, wenn man es nicht wüßte!
    Viele liebe Grüße von Nicole mit den 3 Kids:
    Cécile (2/98 ), Florian (12/01) und Julia (4/03) mit Lippen- Kiefer- Gaumen-Segelspalte (links)
    *Für Julias OP Berichte und Fotoalbenlink klickt hier*





  3. #3
    Gigi und Leon
    Gast

    Standard

    Hallo!
    Mit Leon hatte ich auch schon einige Male mit solchen Tönen zu kämpfen. Am ärgsten in Erinnerung ist mir unsere damalige Bäckersfrau in Erinnerung geblieben. Sie wusste vorher auch schon bescheid, aber als ich mit ihm dann im Maxi Cosi ankam ist sie fast reingefallen in den Maxi und schrie immer wieder :"Nein das arme Kind ! Ich kann einfach nicht hinsehen (sie blieb aber mit der Nase trotzdem immer noch im Maxi hängen) Nein!_oGott Ich kann nicht hinsehen (sie klebte immer noch an ihm) Nein ! Wirklich Oh Gott !Ich kann nicht hinsehen! ) Da hab ich den Maxi weggezogen und ihr ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass Leon nur eine Spalte hätte und nicht gehörlos wäre und dass sie bitte sich nicht mit in den Cosi setzen solle - er hätte ja ga keinen Platz mehrund wenn sie mit dem Anblick nicht fertig würde, dann solle sie halt nicht sooooo hinsehen, aber schließlich wäre er ein ganz normales Baby.
    Sie hat sich entschuldigt für das Getue und damit war die Sache erledigt .
    Gruß Gigi

  4. #4
    Mary/Kiko
    Gast

    Standard

    Hi Gigi und Ankro!

    Aussenstehende äussern sich vielfach abfällig über Menschen die nicht dem Bild des Normalen entsprechen.
    Ich kann mich noch gut an einem Satz erinnern des ehemaligen Prof. Kriens, der in Bremen tätig war.
    Die Spalte ist sofort sichtbar im Gesicht eines Säuglinges, und Aussenstehende versuchen immer durch das Gesicht festzustellen, wem das Kind ähnlich sieht. Viele reagieren halt aus unserer Sicht " unmenschlich", weil sie halt nicht anders können.Einerseits weil ihnen der Erkenntnis über die Spaltfehlbildung fehlen, andereseits, weil sie meinen so eine Fehlbildung entstellt den Menschen für das Leben.
    Wir als betroffene Eltern wissen meist, das so eine Fehlbildung später nicht mehr unbedingt sichtbar sein muß, und das meist unsere Kinder einen normalen Lebensweg vollziehen können.
    An uns liegt es Aussenstehende klar machen zu müssen, das die Fehlbildung heute gut zu behandeln ist und die grausamen Erzählungen aus der Vergangenheit nicht mehr aktuell sind.

    Ich bestätige Dir Gigi, das Spaltkinder meist süsse und eindrucksvolle Augenpartien haben, die mich gerade als Mutter und z.b. dem Pflegepersonal stark beeindruckt haben.

    Wer von den Aussenstehenden interessiert ist an die Fehlbildung, wird sich von den Eltern gerne anhören, was für Möglichkeiten es heute gibt.
    Andere die sich wortlos umdrehen und dumm in den Kinderwagen schauen, wollen sich nicht mit der Materie beschäftigen, welche Gründe das auch sind.

    Persönlich bin ich ja auch noch vorbelastet, da ich nun 15 Jahre im stationären Behindertenbereich arbeite. Gerade gestern ist es mir noch passiert, das eine Schwester eines Bewohnerners von meiner Station, ihren Bruder als kleinen Jungen betitelt, obwohl dieser Mann ungefähr 50 J. alt ist und wir ihn unterstützen selbstständig zu werden. Anhand diesem Beispiel sieht man ja, wie schwer es ist Menschen zu ändern.

    LG

  5. #5

    Registriert seit
    06.07.2004
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    227

    Standard

    Hallo Antje!

    Ich kenne solche Reaktionen. Nachdem Paul erst mit 4 1/2 Monaten seinen Lippenverschluss hatte, haben wir einiges erlebt. Großteils hatten wir positive Reaktionen und vor allem Ermutigungen. Tat gut! :)
    Süss fand ich immer, wenn mein 3jähriger Neffe sagte "paul mund weh- paul mund reparieren!"
    Nur diese Blicke in der U-Bahn werde ich nie vergessen. Einerseits meinten die Leute "jö, süss" und hinter vorgehaltener Hand konntest du sehen, wie sie es aussprachen "der arme kleine"

    Nur einmal passierte mir, dass uns eine junge Mutti fragte, ob er denn normal essen könne und noch einige andere Dinge. Da war ich dann schon etwas aufgebracht, obwohl sie ja nichts dafür konnte. Und aufklären tu ich mit einer Selbstverständlichkeit, vor allem wenn ich diese zwei Wörter höre "H....." und "W....". Sag gleich immer, wie das richtig hieße und das wir es nicht gerne hören.

    LG
    Bettina

  6. #6
    Tina & Andy
    Gast

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    Hallo
    Ich denke das jede Spaltkindmama fast nur negative Erfahrungen gemacht hat.Im Familienkreis zwar weniger aber halt drausen!
    Bei mir war das schlimmste im Krankenhaus kurz nach der Geburt.
    Ich hab,wie alle anderen auch,mein Baby genommen und bin ins Esszimmer.Drin waren drei junge mamas alle ca 20 oder so.Das geschnatter höre man schon von weitem.Ich komm rein,Totenstille.Da mir das irgendwie zu dumm war.Die schauten mich an die das erste Auto.Bin ich mit meinem Essen in der einen und schob das Bett mit Andy mit der anderen Hand wieder zurück ins Zimmer.Ich war kaum drausen.Da hörte ich noch wie die eine sagte"habt ihr das gesehen?""wer weiß was die in der Schwangerschaft gemacht hat!"Da kammen mir das erste und eigendlich auch das Letzte Mal die Tränen.Bei denn anderen Situationen war ich irgendwie gefasster.
    Eine muß ich noch erzählen.Ich bin im Bäcker Andy war ca 3,5 mon.und nach mir kommt ne Oma rein.
    Die schaut Andy an(ich hatte ihn im Arm).Schaut mich an und fragt ganz entsetzt "Was haben sie denn mit dem Kind gemacht?? "
    Ich wußte erst garnicht was sie meinte.Und dann erklärte ich ihr das er das von geburt an hat.Und so weiter.Ihr war das dann sichtlich peinlich.Ich konnte nur drüber lachen.Dieses Gesicht von der war einfach zu komisch.
    Ja nun spricht mich kaum noch jemand drauf an.
    Andy ist ein richtiger Sonnenschein.Durch ihn bin ich richtig erwachsen geworden.Und was andere Sagen ist mir heute ganz egal.
    Lg Tina mit Andy ihrem Sonnenscheinchen.
    @Nicole.Ja die blauen Augen waren/sind auch beim Andy immer der Mittelpunkt.Die sind bei Spaltkindern glaube viel intersiver als bei "Normalen" kindern oder?

  7. #7

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    Was Ihr geschrieben habt, v.a. Kirsten, hat mich sehr nachdenklich gemacht. Ich war ja nie in Eurer Situation, weil man Lukas`Gaumenspalte ja nicht sah. Ich gehöre also eher zur anderen Fraktion. Natürlich ist das Verhalten mancher Leute, wie Ihr es geschrieben habt unentschuldbar. Aber die Frage ist: "Wie soll man sich denn richtig verhalten?" Wegschauen ist blöd, hinstarren natürlich auch, wenn man kurz schaut und nichts sagt, kommt es schlecht rüber, wenn man etwas sagt, z.B. "was für schöne Augen!", ist es auch falsch. Ich habe das Problem nicht nur bei Spaltkindern (ehrlich gesagt bin ich noch nie einem vor der Lippen-OP begegnet), sondern bei behinderten Kindern allgemein. Eine Nachbarin hat ein Baby bekommen, ich sehe in den Wagen und erkenne auf Anhieb, dass es ein DS-Kind ist. Wie soll ich da reagieren? Ich finde das fürchterlich schwierig.
    Das soll natürlich kein Plädoyer für taktloses Geschwätz oder blödes Gestarre sein. Ich wollte Euch nur mal ermutigen, Euch in Euer Gegenüber zu versetzen. Wenn jemand z.B. einfach so tut, als sei alles in Ordnung und die Spalte überspielt, möchte er die Eltern sicherlich nicht verletzen, sondern gerade das Gegenteil. Versteht Ihr, was ich meine?
    Liebe Grüße von Gabi
    Gabi mit Lukas, *30.03.03, Gaumenspalte, und Geschwistern Tobias *1997, David *1998 und Simon *2000
    Steckbrief von Lukas
    Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.
    Antoine de Saint-Exupérie

  8. #8
    Tina & Andy
    Gast

    Standard

    Hi Gabi
    Hm ich weiß genau was du meinst!
    Ich selber könnte jetzt auch nicht genau sagen was ich mir wünsche.Ich glaube wenn mich jeder drauf angesprochen hätte wär mir das genauso nicht recht gewessen wie wenn sie nur gestrart hätten.Wie soll man sich verhalten! Ist ja genauso wie wenn wir jetzt eine super dicke Frau(oder nen dicken Mann,Kind) sehen.Wir Starren sie an Oder???Es ist soooo super schwierig für Aussenstehende.Ich muß zugeben das ich als Andy klein war,vor der OP,mich oft nur zu hause aufgehalten hab.Ich selber wußte nicht was ich machen sollte.Wie geht man auf andere zu?
    Also dieses Thema ist echt super schwierig.Und ich glaube nicht das es ein patendrezept gibt,wie man sich verhalten soll wenn man ein behindertes Kind sieht.Jede Mama reagiert da andes und ist auch anders.
    Lg Tina

  9. #9
    Nicole & Ben
    Gast

    Standard

    Ich kann mich Gabi nur anschließen....Es gibt nicht "die richtige Reaktion"...wir haben mit Ben natürlich auch von allem ein bischen erlebt, als er die Spalte noch hatte:Mitleid, Neugier, Anstarren, Tuscheln..Es hat mir ehrlich gesagt nichts ausgemacht, weil ICH mit der Spalte klar kam. Ist es nicht vielleicht das eigene "nicht annehmen können"was einen anfangs so empfindsam macht???
    Ich habe das nie so empfunden wie Kirsten es beschrieben hat...ich kann mich aber noch an ihren mutigen Beitrag von letzter Woche erinnern, wo sie/du beschrieben hast, das es für dich schwer war, Noel mit der Spalte so anzunehmen. Vielleicht besteht da ein Zusammenhang????(ist jetzt nur so eine Idee, will da nichts behaupten)
    Ich selber habe durch den Beruf immer wieder solche Situationen erlebt, wo die Leute starren oder blöde Bemerkungen machen...vielleicht legt man sich ein dickeres Fell zu...es ist auch wirklich schwer für Außenstehende angemessen zu reagieren, vorallem, wenn sie wirklich geschockt und entsetzt sind, da muß man ihnen schon zugestehen das Gesehene zu verarbeiten. Und für solche seltenen und unvorhergesehenen Situationen haben wir keine eingeübten Verhaltensmuster, die man gelernt hat. So muß man dann auf vieles gefaßt sein...Ich denke viele bereuen ein "taktloses Benehmen" hinterher, wenn man sie drauf aufmerksam macht und sie ihr Verhalten reflektieren...
    Aber die Gelegenheit besteht bei flüchtigen Alltagsbegegnungen natürlich nicht....
    Wirklich ein spannendes Thema...
    werde weiter drüber nachdenken
    LG von Nicole & Ben :lol:

  10. #10
    Gigi und Leon
    Gast

    Standard

    ich habe ja auch nur die eine Szene beschrieben - da gab es noch zig andere ... Aber irgendwie blieb die halt im Gedächtnis.
    Ich denke, dass in unserer "gesellschaft" noch jede Menge Toleranz und Akzeptanz va gegnüber "behinderten" Menschen fehlt. Es wurde früher halt vertuscht , nur getuschelt usw. Da haben wir als Eltern auch unser "Bündelchen" zu tragen, indem wir Aufklärungsarbeit leisten und Toleranz üben. Nicht jeder kommt mit einer Behinderung glecih gut zurecht und es ist glaube ich zuviel verlangt, von den Menschen die "angemessene" Reaktion zu verlangen, die man gerade braucht. Und was mir auch aufgefallen ist ist, dass je offener man dann auf die Menschen zugeht umso offener gehen die Leute dann auch damit um und trauen sich auch zu fragen bzw. akzeptieren eher die Hinweise, dass bitte nicht mehr H... und w... gesagt werden soll. Wenn wir es nicht erklären wer denn dann? denke ich mir dann immer. Ich nehme die Begriffe zB nie hin, sondern erkläre es direkt, damit dieser spezielle Mensch sich dann beim nächsten Mal daran erinnert und ev. es dann auch weitergibt, versteht ihr was ich meine?
    Die Bäckerin in unserem Fall hat das übrigens alles in sich aufgenommen und Leon danach ganz normal behandelt - sich vor und nach den OP´s alles erklären lassen und hat es auch weitergegeben, wenn jemand wohl fragte, was denn mit Leon wäre. Da hat die "Aufklärungsarbeit" viel geholfen.
    Gruß gigi

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