Ergebnis 1 bis 3 von 3

Thema: Weichgaumenspalte: (kurzer) Erfahrungsbericht

  1. #1

    Registriert seit
    19.11.2014
    Ort
    New York
    Beiträge
    4

    Standard Weichgaumenspalte: (kurzer) Erfahrungsbericht

    Hallo,

    Ich wollte hier mal einen kleinen Bericht über unsere Erfahrungen mit unserer Tochter schreiben, die eine Weichgaumenspalte hatte. Ich habe oft hier im Forum nach Antworten gesucht und oft welche gefunden, mit dem Bericht möchte ich anderen, die ebenfalls auf der Suche sind, ein wenig weiterhelfen. Allerdings muss ich dazu sagen, dass der Bericht nicht ganz repräsentativ ist, da wir unser Kind in New York bekommen haben und hier auch die OP war.

    Geburt
    Im Krankenhaus wurde unser Baby kurz nach der Geburt zum Waschen und Gesundheitscheck weggenommen. Ich schreibe bewusst weggenommen, da wir nicht wirklich viel zu sagen hatten und von den Anstrengungen der Geburt auch noch ein wenig geschafft waren. Uns wurde gesagt, dass wir sie nach etwa einer Stunde zurückbekommen würden. Allerdings waren wir nach zwei Stunden noch immer ohne Tochter und wir machten uns ein wenig Sorgen. Ein Arzt kam dann, und meinte unser Kind hätte eine Gaumenspalte, evtl. auch Pierre Robin. Uns war zu dem Zeitpunkt natürlich nicht bewusst, was dies bedeutet und waren ein wenig verwirrt. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob der Arzt tatsächlich Gaumenspalte gesagt hat oder irgendwas medizinisch unverständliches, erst im Nachhinein wurde uns das bewusst. Sie hatte wohl auch leichte Atemprobleme, und ein leicht nach hinten gelegenes Kinn, sprich Verdacht auf Pierre Robin Sequenz, weshalb man sie in die Baby-Intensivstation zur Beobachtung verlegte. Das war ziemlich erschreckend und beunruhigend, vor allem da unsere Tochter dort mit wirklich schweren Fällen zusammen lag. Das Atemproblem wurde übrigens bereits nach etwa einer Stunde gelöst: Sie hatte noch Flüssigkeit von der Geburt in der Lunge, wurde dort auf dem Bauch gelegt und konnte diese dann aushusten/ausspucken. Dennoch musste sie für zwei weitere Tage in der Intensivstation, an Kabeln angeschlossen in einem Brutkasten liegen. Wir haben sie häufig herausgenommen und verzweifelt versucht sie dazu zu bringen an der Brust zu trinken, allerdings ohne Erfolg. Aufgrund der Weichgaumenspalte war zu wenig Saugkraft da, und auf Grunde des Stresses war der Milchfluss auch nicht besonders voll.

    Geburt bis OP
    Das gute an New York war, dass es hier gleich die Experten vor Ort gibt. So sind wir auch gleich an einen Arzt geraten, der sich ziemlich gut mit Gaumenspalten auskennt und die OPs schon einige male gemacht hat. Er erklärt uns, dass unsere Tochter eine V-Förmige Weichgaumenspalte hat. Dies ist eine weniger stark ausgeprägte Gaumenspalte. Im Laufe des Wachstums des Kindes wird die Spalte zunächst breiter und dann um etwa 12 Monate wieder etwas schmaler. Außerdem beeinträchtigt die Spalte die Formulierung von Lauten, weshalb der Arzt argumentiert hat, dass die OP zwischen dem 10. und 12. Monat gemacht werden sollte, also wenn die Spalte enger ist und die Sprachentwicklung noch nicht voll im Gange ist. Bei einem unserer zweiten oder dritten Besuche beim Arzt war ein ganzes Team an Spezialisten anwesend: Ein Zahnarzt (der uns sehr unsympathisch war), eine Genetikerin (falls, und dass scheint meines Wissens nach nicht ganz klar, die Spalte genetisch bedingt ist), eine Schlafexpertin (mögliche Auffälligkeiten wie Schnarchen oder Atemprobleme könnten wieder auf Pierre Robin hinweisen), eine Schluckexpertin (um die richtige Trinkflasche für unsere Tochter zu finden) und der Chefarzt selber. Letztendlich wurde aber klar, dass unsere Tochter keine Pierre Robin hat und sonst auch alles wie eine „normale“ Gaumenspalte zu sein scheint.
    Bezüglich trinken: meine Frau hat zunächst Brustmilch abgepumpt und per Flasche gegeben. Wir mussten leider mit Pulvermilch zufüttern, da die Brustmilch nicht ausreichend war, beziehungsweise wir Sorgen hatten, dass unser Baby aufgrund der Spalte nicht genug bekommt. Irgendwann mit etwa vier Monaten hat sie allerdings die Brustmilch völlige abgelehnt, sodass wir voll auf Babymilch umsteigen mussten. Wir haben es zunächst mit dem Habermann versucht, der allerdings nicht wirklich geklappt hat. Später haben wir von NUK den Sauger mit der größten Öffnung genommen, der sehr gut geklappt hat. Unsere Tochter hat später tatsächlich mit der Hand selber den Sauger gedrückt um mehr rauszubekommen.
    Generell hat sie gut gegessen. Häufig kleinere Mengen aber genug. Oft ist Essen/Milch aus der Nase gekommen, was für Außenstehende ungewöhnlich aussehen musste, aber völlig normal ist.
    Circa 6 Wochen vor der OP, die mit 11 Monaten gemachten werden sollte, wurde uns dann gesagt, dass sie nach der OP für zwei Wochen keinen Schnuller und keine Trinkflasche mit Sauger haben dürfe. Alles Saugen sollte verhindert werden, weil dies potenziell die Nähte in der OP-Stelle und den Verschluss löst. Mit dem Schnuller hatten wir kein Problem, unsere Tochter hat den bereits nach etwa vier Monaten nicht mehr bekommen (sie hat ihn nicht wirklich gebraucht und ich bin persönlich ein wenig gegen den Gebrauch von Schnuller, bzw. hatte mir schon gedacht, dass mit der OP mit dem Schnuller ohnehin Schluss sein wird). Das Problem war jetzt die Flasche abzugewöhnen, bei einem zehn Monate alten Baby, innerhalb von 6 Wochen. Wir haben es zunächst mit Spezial-Bechern probiert (alles woran man nur irgendwie saugen könnte ist nach der OP Tabu gewesen). Diese waren allerdings nicht wirklich interessant für sie und wir haben es nicht geschafft die Flaschenmenge zu reduzieren. Etwa zwei Wochen vor der OP hatten wir dann keine andere Wahl und mussten zu einer „brutal“ erscheinende Methode greifen (besser jetzt als später nach der OP): Unsere Tochter ist zu dem Zeitpunkt noch etwa zwei-drei mal Nachts wach geworden um aus der Flasche zu trinken (auch wenn das ab sechs Monaten eigentlich nicht mehr nötig ist). Wir haben dann „einfach“ Nachts keine Flasche mehr gegeben, nur noch Milch aus einem Becher angeboten (der wehement abgelehnt wurde). Die erste Nacht haben wir sie etwa zwei Stunden beruhigen müssen, bis sie wieder eingeschlafen ist. In der zweiten Nacht noch etwa eine Stunde, dann eine halbe und seit dem schläft sie fast immer ohne Aufwachen durch (die Gewohnheit war nicht mehr da). Etwa eine Woche vor der OP haben wir gleiches mit allen Tag-Flaschen gemacht. Dies war wesentlich einfacher, da sie ohnehin schon einigermaßen gut festes Essen gegessen hat, sodass wir es tatsächlich geschafft haben sie bis zur OP Flaschenfrei zu bekommen.

    OP
    Die OP war für Morgens um 9 Uhr angesetzt. Ab Mitternacht vor der OP durfte unsere Tochter nichts mehr Essen und Trinken. Die OP (Verschluss der Gaumenspalte und Einsetzen von Paukenröhrchen) war auf drei Stunden angesetzt, hat allerdings letztendlich etwas mehr als vier Stunden gedauert. Die Paukenröhrchen mussten eingesetzt werden, da unsere Tochter Flüssigkeit in den Ohren hatte und dies das Hören eingeschränkt hat. Als die OP vorbei war, wurde uns mitgeteilt, dass unsere Tochter auf der Intensivstation sei, dies mit der Begründung dass die Krankenschwestern dort netter sind (das Krankenhaus verdient allerdings auch wesentlich mehr an Intensivstationen). Die OP selbst sei gut verlaufen. Allerdings konnten wir als unsere Tochter aus der Narkose aufgewacht ist nicht dabei sein. Sie hat wohl beim Aufwachen sehr geschrien und hatte wohl auch Schmerzen, woraufhin die Ärzte ihr ohne unsere Zustimmung Morphium gegeben haben. Wir waren natürlich sauer darüber. Wir kennen unsere Tochter wie sie sein kann, wenn ihr etwas nicht passt, da kann man leicht Schmerzen mit Unbehagen verwechseln. Als wir zu ihr konnten erschien sie noch nicht ganz wach aber dennoch nökkelig. Die Krankenschwester hatte sie auf den Rücken gelegt und versucht sie mit dem Fernseher zu beruhigen (klappt natürlich nicht). Wir haben sie dann auf den Bauch legen können und sie beruhigt. Für uns ein weiterer Schock war die Tatsache, dass ihr die Zunge angenäht wurde (wurde uns vorher nicht gesagt). Diese schwillt bei der OP wohl an, und es bestand Sorge, dass sie sonst in den hinteren Rachen fällt und unsere Tochter daran erstickt. Zudem kam noch leicht Blut aus dem Mund, aber das haben wir bereits erwartet.
    Sie war an den Monitoren angeschlossen und bekam eine Salineinfusion, sowie Antibiotika und Paracetamol/Ibuprofen. Unser Ziel war es jetzt schnellstmöglich aus dem Krankenhaus entlassen zu werden. Eine Nacht musste sie auf jeden Fall bleiben, ein bis drei weitere Nächte falls die Schmerzen zu stark sind und sie nicht vom Löffel isst. Glücklicherweise hat sie dann einen Tag nach der OP (die Fäden mit denen die Zunge angenäht waren wurden gezogen) vom Löffel und im Beisein der Schluckexpertin etwas gegessen und getrunken. Danach hatten wir dann das OK das Krankenhaus zu verlassen. Daheim sollten wir dann für fünf weitere Tage Antibiotika geben (haben wir nicht gemacht und sollte meiner Ansicht nach auch nicht gemacht werden), fünf Tage Ohrentropfen geben (um die Paukenröhrchen frei zu behalten), sowie Paracetamol und Ibuprofen nach Bedarf geben. Außerdem musste unsere Tochter für zwei Wochen Armschienen tragen, um zu verhindern, dass sie ihre Finger oder irgendwelche Gegenstände in den Mund nimmt. Manche Ärzte sagen man braucht diese gar nicht, manch meinen für eine Woche, manche für zehn Tage. Unser Arzt war da etwas vorsichtiger. Wir haben die Schienen immer wieder ein wenig unter Aufsicht abgenommen und irgendwann etwa nach zehn Tagen ganz weggelassen. Was uns nach der OP aufgefallen war, ist ein leicht medizinisch/fauliger Mundgeruch bei unserer Tochter. Ist aber ganz normal und kommt von der OP-Stelle. Außerdem hat sie die Zunge sehr häufig rausgestreckt, was noch von der Anschwellung zu kommen schien. Auch das hat sich nach etwa zwei Wochen gelegt. Geschlafen hat sie Nachts sehr schlecht, ist häufig aufgewacht. Nach zwei-drei Wochen war sie da aber wieder die Alte und schläft wieder durch.
    Derweil ist sie 13 Monate alt. Von der OP ist nichts mehr zu merken. Die Hörleistung ist normal. Mit dem verschlossenen Gaumen und guten Ohren, warten jetzt nur noch auf das erste richtige Wort von ihr.

    Nochmals der Hinweis: Geburt und OP waren in den USA (New York), also nicht repräsentativ für Deutschland, aber vielleicht dennoch interessant für den ein oder anderen.

  2. #2

    Registriert seit
    23.10.2015
    Ort
    Ampflwang
    Beiträge
    1

    Standard

    Danke! Mir hat es sehr viel geholfen. Wir haben es noch vor uns. Bereits wurde der Lippenverschluss gemacht, also haben noch Zeit dahin. Mein Sohn ist erst 3,5 Monate alt, hat nur leichte Spalten. Representativ, oder nicht, auf jeden fall kann ich, dank dein Post, gezielt fragen! :)

  3. #3

    Registriert seit
    11.12.2014
    Ort
    Rhein Kreis Neuss
    Beiträge
    53

    Standard

    ähnlich bei uns, allerdings kleineres ärzteteam und wir waren 5 Tage nach der OP im KH und handschuhe hatten bei ihm gereicht (war 6 monate alt). Ihm wurde eine Platte in den Gaumen genäht, die nach 4 tagen entfernt wurde, eben zum schutz der narbe. war länger, kommt mir aber schonender vor als die zunge anzunähen... Ohrentropfen für die Pauckenröhrchen hatten wir nach der op nicht und auch immer noch nicht. frage mich nach der logik warum da etwas reingetropft werden soll, damit sie frei bleiben.

Lesezeichen

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •