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Thema: Genetische Beratung pro und kontra

  1. #1
    Avatar von Chrissy
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    Standard Genetische Beratung pro und kontra

    Hallo zusammen,

    da meine Zukunftsplanung so langsam etwas konkreter wird, bat mir mein FA letzte Woche an einen Termin zu genetischen Beratung für uns zu machen. Dort würden die Wahrscheinlichkeiten errechnet, dass unser Kind ebenfalls eine LKGS (und eine weitere Erkrankung, die bei mir vorliegt) haben könnte. Ich solle mir das mal überlegen und dann Bescheid sagen.

    Mein erster Impuls war zu sagen "Will ich gar nicht wissen", da sich für mich nichts ändern würde: ich wünsche mir ein Kind, ob nun mit oder ohne diese beiden Erkrankungen. Was bringt es mir dann zu wissen ob die Wahrscheinlichkeit bei 5 oder bei 20% liegt?

    Da aber hier ja bestimmt einige diese Beratung in Anspruch genommen haben, würde mich interessieren, was euch dazu bewegt hat?! Übersehe ich irgendwelche Gründe, warum es doch sinnvoll sein könnte sich beraten zu lassen?

    Danke schon mal für alle Erfahrungsberichte!

    LG Chrissy
    "Du hasst dein Spiegelbild und willst dich davon befreien,
    doch du kannst nicht davor fliehen, es holt dich immer wieder ein.
    Du bist tief in dir gefangen und das Urteil ist gefällt.
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    rebel without a cause

  2. #2

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    Hallo Chrissy,

    Deine Frage stand jetzt eine Weile im Raum, ohne dass Du eine Antwort bekommen hättest. Mir würden zwei Gründe für eine Beratung einfallen.

    Erstens wird bei solchen Beratungen meines Wissens alles Mögliche abgeklärt, möglicherweise auch Sachen, an die Du momentan gar nicht denkst, die Deine Meinung aber ändern könnten.

    Der zweite Grund wäre Dein Partner, der muss sich ja genauso auf die Möglichkeit einlassen, ein Kind mit LKGS (bzw. der anderen Erkrankung) zu kriegen wie Du. Aber er hatte vermutlich nicht annähernd so viel Zeit, sich mit dem Gedanken auseinander zu setzen wie Du. Eine Beratungssprechstunde wäre eine Gelegenheit für ihn, sich strukturiert mit den Problematiken zu befassen und Informationen aus einer neutralen Quelle zu beziehen. Ich kenne ihn zwar nicht, aber es wäre denkbar, dass er Risiken ausblendet, bzw. Fragen nicht stellt, weil er fürchtet, Dich damit zu verletzen oder zu beleidigen. Das ist ein sehr heikles Thema und es sehr schwer zu sagen: "Ich bin nicht sicher ob wir Kinder kriegen sollten und würde deshalb ein paar Fragen klären" zu sagen, ohne dass es wie: "Ich liebe dich nicht wirklich" klingt. Auch wenn die Sorge unbegründet ist, ist das bei Weitem nicht so easy wie: "Als ich Deine Kürbissuppe gelobt habe, war ich frisch verliebt und wollte dich in die Kiste kriegen, aber ehrlich gesagt finde ich sie ekelhaft." Und ich kenne einige Männer die lieber ein Leben lang ekelhafte Kürbissuppe essen, als ihrem Herzblatt so etwas zu sagen.
    Wenn ein beratender Arzt diese Themen anschneidet, ist das ein anderer Rahmen, in dem es leichter ist, über diese Themen zu reden, ohne dabei in emotional schwierige Fahrwasser zu geraten. Ob es nötig ist, Deinem Partner diese Brücke zu bauen, kann ich natürlich nicht beurteilen, aber zu so einer Beratung zu gehen, ist kein großer Aufwand; vor allem wenn man bedenkt, dass ein Kind zu kriegen eine Lebensentscheidung ist.

    Gruß

    Andy

  3. #3

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    Hallo Chrissy,
    obwohl ich nicht Selbstbetroffene noch leibliche Mama eines LKGS-Kindes bin, möchte ich doch meine Meinung äussern.
    Eine genetische Beratung ist ja keine Entscheidung für oder gegen ein Kind oder zu wie viel Prozent könnte es sein das? Es ist der Prozess, in dem sich ein Paar bereits vor einer Schwangerschaft bewusst mit den Risiken und Folgen auseinandersetzen kann. Nicht erst dann, wenn man in der Vorsorgeuntersuchung gesagt bekommt Frau und Herr X leider muss ich Ihnen mitteilen das. Sehe es als Möglichkeit, nicht als Muss.
    Liebe Grüße Mausi

  4. #4
    Avatar von Annchen
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    Hallo Chrissy,

    ich sehe es so wie Du: eine genetische Beratung macht nur Sinn, wenn sie Deine Entscheidung für oder gegen ein Kind beeinflussen würde. Mit einem möglichen Ergebnis werden Hoffnungen geweckt, die sich nicht zwingend erfüllen oder Ängst geschürt, die vielleicht gar nicht notwendig sind. Mit einem genetischen Test würden vermutlich ja auch nur die genannten beiden Fragestellungen geklärt. Niemand wird Dir sagen können, ob ein Kind tatsächlich keine Behinderung oder Erkrankung hätte.

    Ich habe damals einen Dopplerultraschall machen lassen, um geburtsrelevante Behinderungen auszuschließen, da ich im Geburtshaus entbinden wollte. Ich erhielt die Diagnose LKGS und wurde an die Uniklinik überwiesen zum 3D-Ultraschall. Der Arzt dort wollte unbedingt eine Fruchtwasseruntersuchung vornehmen. Dies haben wir abgelehnt, weil es für nur die Option "Kind" gab, wozu dann also noch weiter forschen, was sein kann. Im nachhinein würde ich es genau so wieder tun.

    Mir war bei allem immer wichtig, dass Entscheidungen von beiden Partnern getragen werden (können). Zum Beispiel meine ich mich zu erinnern, dass Ronjas Vater sich mit der Diagnose LKGS kein Entbindung im Geburtshaus vorstellen konnte und dann war auch für mich klar, dass wir zur Entbindung ins Krankenhaus gehen. Beide Partner müssen mit den Konsequenzen der Entscheidungen leben, also sollten auch beide die Möglichkeit haben, ihre Position in einer Entscheidung wieder zu finden :-).
    Geändert von Annchen (17.08.2013 um 21:37 Uhr)
    Viele Grüße
    Anna
    (mit Ronja * 2002, doppelseitige LKGS-Spalte, DRK-Kinderklinik Siegen, Dr. Hubertus Koch)

    Wir sollten weniger den Weg für unsere Kinder bereiten - vielmehr unsere Kinder für ihren Weg.


    Meinen großartigen Katzenmädchen-Avatar habe ich von Nadja. Ihre Arbeiten findet Ihr hier: nadja-illustration.de

  5. #5
    Avatar von Katzens
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    Hallo Chrissy,

    hätte mein Mann nun nicht kathegorisch ein zweites Kind ausgeschlossen, hätten wir uns ebenfalls für eine genetische Beratung entschlossen. Uns wurde sie empfohlen, weil ich erst eine Fehlgeburt hatte und dann ein Spaltkind zur Welt gebracht habe.

    Wir hätten die Beratung gemacht, um "schlimmste" Dinge ausschließen zu können. Bei niedrigen Prozentzahlen wären wir uns natürlich immer noch darüber im Klaren gewesen, dass trotzdem irgendwas schief laufen kann. Wären aber bestimmte Wert extrem hoch ausgefallen, so hätte dies unsere Entscheidung sicher sehr beeinflußt.

    Letztendlich waren wir immer der Meinung "Was haben wir zu verlieren, wenn wir die Beratung machen?". Im besten Fall hätten wir was mit den Werten anfangen können (im positiven wie im negativen Sinne) und im blödesten Fall wären die Aussagen für uns nichtssagend gewesen.

    Eine Freundin von mir hatte in der Schwangerschaft keinerlei Zusatzuntersuchungen (im Sinne von Organultraschall etc.) machen lassen, obwohl sie in der Schwangerschaft starke Medikamente nehmen mußte. Aus meiner Erfahrung heraus mit Marie kann ich nur sagen - man will nicht erst im Kreißsaal von Krankheiten, Behinderungen etc. überrascht werden. Trotz Erschöpfung, Schmerzen etc. soll es ein Moment der Freude sein, ein im wahrsten Sinne "wunder-voller" Moment sein.
    Auch möchte man sich nicht die Vorwürfe machen, man hätte ein anderes Krankenhaus ggf. mit Spezialisten ausgesucht, hätte man es vorher gewußt.

    Aus diesem Grunde hätte ich jetzt die Beratung gemacht. Hätte ich mich danach für ein weiteres Kind entschieden, dann wäre für mich nie im Hinterkopf gewesen "aber DAS hast Du versäumt, das hast Du nicht abgecheckt". Ich hätte alle meine Möglichkeiten ausgereizt, um meinem Kind und meiner Familie die Chance eines bestmöglichen Starts zu geben.

    Liebe Grüße,
    Stephanie
    Marie Christin * April 2010 * Gaumensegelspalte
    OP am 1.2.2011 * Dr. Koch, Siegen

  6. #6
    Avatar von Chrissy
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    Ich danke euch allen für eure offenen Worte.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass man es bei einem zweiten Kind in Anspruch nimmt, wenn das erste mit Behinderungen geboren ist oder einen andere Faktoren (z.B. ein Fehlgeburt) belasten, und davon auch die Entscheidung abhängig macht.

    Die Entscheidung selbst steht hier aber nicht zur Debatte, auch wenn man uns sagen würde, dass die LKGS oder meine andere Erkrankung zu 100% weitergegeben würden. Insofern glaube ich nicht, dass uns diese Beratung etwas bringen könnte.

    Das die Entscheidung immer von beiden Partnern getragen werden muss, ist für mich ebenfalls sehr wichtig und selbstverständlich. Wenn es für meinen Freund wichtig wäre die dort berechneten Wahrscheinlichkeiten zu kennen, dann würde ich dort natürlich hingehen. Seine erste Reaktion war aber ebenfalls ein "Wozu können wir das brauchen? Ändert es etwas? Nein." Ich fand aber Andys Anmerkung sehr interessant, dass er ja wesentlich weniger Zeit hatte sich mit dem Gedanken an eine LKGS auseinander zu setzen als ich. Von der Seite habe ich das noch nicht gesehen. Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass er seine Bedenken für sich behalten würde, da wir auch über dieses Thema sehr offen miteinander reden, aber ich werde da wohl noch einmal nachhaken.

    Liebe Grüße
    Chrissy
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