Hier mal ein Artikel einer amerik. Stillberaterin, im Original zu finden bei ivillage Parenting/Exclusively Pumping

Ausschliessliche Ernährung mit abgepumpter Muttermilch

Von Kathy Kuhn, IBCLC-Stillberaterin

Welche Vorteile hat das Füttern mit abgepumpter Milch?

Dem Baby abgepumpte Muttermilch zu geben, ist eine wunderbare Alternative, wenn Stillen nicht möglich ist. Muttermilch hat viele Vorteile gegenüber künstlicher Milchnahrung. Die Risiken künstlicher Säuglingsnahrung sind gut dokumentiert. Sie scheinen kumulativ zu sein – das bedeutet: je mehr künstliche Milch das Baby erhält, und je früher es sie bekommt, desto wahrscheinlicher ist es, dass es einige der mit dem Füttern von Kunstnahrung einhergehenden Probleme bekommen wird.
Muttermilch – ob abgepumpt oder direkt aus der Brust getrunken – bietet gesundheitliche Vorteile. Mit großer Sicherheit senkt sie das Risiko des Babys, eine der folgenden Krankheiten zu bekommen, die bei künstlich ernährten Kindern häufiger sind: SIDS (Sudden Infant Death Syndrome/plötzlicher Kindstod), Ohrinfektionen, Infektionen der oberen Atemwege, Meningitis, Typ-I-Diabetes, Leukämie, Durchfallerkrankungen, Allergien und Asthma, um nur einige zu nennen.
Obwohl die Forschung zumeist Kinder, die 3 – 6 Monate voll gestillt wurden (also nicht mit abgepumpter Milch gefütterte), mit künstlich ernährten Kindern vergleicht, kann man meiner Meinung nach davon ausgehen, dass die Vorteile der Muttermilch allein fast die gleichen sind wie die des Stillens (also inklusive des Stillvorgangs). [...] Eine Studie (Kristine et.al. 2000) legt sogar nahe, dass die Intelligenzentwicklung des Babys direkt mit der Aufnahme von Muttermilch zusammenhängt, nicht mit dem Vorgang des Stillens, wie in früheren Studien argumentiert wurde.

Gibt es einen Unterschied, was den Nährwert angeht?

Was die Unterschiede zwischen abgepumpter und direkt getrunkener Muttermilch angeht, hat die Forschung herausgefunden, dass einige der Immunfaktoren und Vitamine, sowie der Fette während der Lagerung und beim Erwärmen verloren gehen.
Ich möchte jedoch stark hervorheben, dass Muttermilch sogar mit diesen Verlusten immer noch viel besser für Ihr Baby ist als Säuglingsmilchnahrung. Muttermilch, wie jedes Nahrungsmittel, ist frisch am besten. Auf dem zweiten Platz wäre Milch aus dem Kühlschrank und als nächstes tiefgefrorene – die der Formelnahrung immer noch haushoch überlegen ist. Um den Verlust einiger Komponenten durch Lagerung und der je nach Alter des Babys und Tageszeit veränderten Zusammensetzung auszugleichen, ist es sicher eine gute Idee, dem Baby so oft wie möglich frisch abgepumpte Milch zu geben.

Wenn ein Baby an der Brust trinkt, erhält die Brust eine sogenannte „Keimmeldung“: dieses Feedback-System ermöglicht es der Brust, durch Signale aus dem Babymund die genauen Keime zu identifizieren, denen das Baby ausgesetzt war. Die Brust greift diese Signale auf und produziert nun genau die spezifischen Antikörper, die das Baby braucht, um jene Keime und die von ihnen ausgelösten Krankheiten zu bekämpfen. Wenn Ihr Baby also ab und zu Lust hat und in der Lage ist, an der Brust zu nuckeln oder zu lecken, kann es so die aktuellen Keime an die Brust „melden“. Auch wenn die Mütter krank sind, produzieren sie spezifische Antikörper. Wenn also gerade eine Erkältung oder eine andere leichte ansteckende Krankheit durch Ihre Familie wandert, kann es dem Schutz Ihres Babys dienen, zu dieser Zeit mehr frisch abgepumpte Milch zu geben.

Obwohl abgepumpte Muttermilch, mit der Flasche gefüttert, nicht genau dasselbe ist wie durch direktes Stillen getrunkene Milch, kommt das Pumpstillen dem direkten Stillen doch so nah wie nur irgend möglich. [...]

Was sind die besonderen Herausforderungen beim Pumpstillen?

Obwohl das Füttern von abgepumpter Muttermilch Ihre Sorgen und Enttäuschung hinsichtlich Ihrer derzeitigen Füttersituation deutlich mildern kann, bringt es doch ein paar einzigartige Herausforderungen mit sich, die bedacht werden wollen, bevor Sie sich dafür entscheiden.

Es bedarf viel Zeit, Anstrengung und meistens auch sehr häufigen Pumpens mit einer hochwertigen Pumpe, den kompletten Muttermilchbedarf eines Babys nur durch Pumpen aufzubauen und aufrecht zu erhalten. Milchpumpen können weder den Milchspendereflex so einfach auslösen noch die Brust so effektiv leeren wie ein erfolgreich stillendes Baby. Der Milchbedarf wird durch die Nachfrage bestimmt, also danach, wie viel Milch aus der Brust entleert wird. Mit den neueren, effektiveren Pumpen sind viele Frauen dazu in der Lage, 100 % des Milchbedarfs mit Muttermilch zu decken.

Andere Mütter stellen fest, dass ihr Milchertrag fluktuiert, oder haben Schwierigkeiten, den kompletten Milchbedarf aufzubauen oder aufrecht zu erhalten, und müssen ihn je nach ihrer Situation gelegentlich oder regelmässig mit Säuglingsnahrung ergänzen. Ihrem Baby tut auf jeden Fall jeder Tropfen Muttermilch, den Sie ihm geben können, gut!

Am meisten Milch, so zeigen es einige Studien, können Sie mit einer hochwertigen Pumpe mit Doppelpumpset ernten, wenn Sie häufig pumpen (mindestens 6 – 8 mal täglich) (Hill et.al. 1999, Jones & Spencer 2000). Auch Brustmassagen sind dafür bekannt, dass sie dabei helfen können, den Milchertrag zu steigern.

Wie stelle ich die bestmögliche Qualität meiner abgepumpten Milch sicher?

Der beste Weg, die Hochwertigkeit der Milch zu erhalten, ist die Verwendung von Flaschen aus Glas oder aus hartem Plastik, da bei diesen der Verlust wichtiger Bestandteile der Muttermilch am geringsten ist.
Den Gebrauch von speziellen Plastikbeuteln zur Aufbewahrung sollte man hingegen vermeiden oder stark einschränken. Muttermilch, die in solchen Beuteln aufbewahrt wird, verliert deutlich an Fett und fettlöslichen Vitaminen, und ausserdem besteht ein erhöhtes Risiko der Verunreinigung durch Löcher oder Risse im Beutel (Arnold 1999). Manche Mütter möchten auf die praktischen Beutel jedoch ungern verzichten! Das Risiko von Rissen lässt sich umgehen, wenn Sie die Beutel in einem festen Plastikbehälter (Tupperdose o.ä.) mit festem Deckel legen, bevor Sie sie in die Tiefkühltruhe legen – so kommen andere Tiefkühlprodukte (z.B. Tüten mit scharfen Ecken) nicht unmittelbar mit den Beuteln in Berührung.

Beim Aufwärmen der Milch gehen ebenfalls einige Vitamine verloren. Starke Hitze und Mikrowellen sind bei Muttermilch tabu. Sie zerstören viele der Immunglobuline der Milch, und das Vitamin C.

Was ist mit dem Bonding?

Es exixtiert die Befürchtung, dass es die Mutter-Kind-Beziehung negativ beeinflussen könnte, wenn Babys ausschliesslich mit der Flasche ernährt werden. Allerdings: wenn Mutter und Kind bei jeder Mahlzeit kämpfen und es am Ende nur Tränen gibt, ist das mit Sicherheit dem Bonding auch nicht zuträglich. In manchen Situationen kann es daher sogar die Mutter-Kind-Bindung stärken, wenn das Baby erfolgreich mit der Flasche ernährt wird!
Ein Aspekt, der das Stillen so wichtig für das Bindungsverhalten macht, ist der enge und häufige körperliche Kontakt während der Mahlzeit. Der ist auch beim Füttern mit der Flasche möglich! Auch Flaschenkinder können Hautkontakt haben, zu den Mahlzeiten oder beim Schmusen, Wickeln oder im Tragetuch. Ihr Baby an Ihrer nackten Haut zu spüren ist eine wundervolle Erfahrung, die Sie auf jeden Fall erlebt haben sollten!

Laut einigen Forschungsergebnissen enthält Muttermilch Komponenten, welche die Sehfähigkeit Ihres Babys stärken. Es wird auch vermutet, dass durch den Seitenwechsel beim Stillen die gleichmässige Entwicklung beider Augen gefördert wird. Sie sollten also auch beim Flaschenfüttern die Seiten wechseln, entweder innerhalb einer Mahlzeit oder bei jeder Mahlzeit Ihr Baby im jeweils anderen Arm halten.

Wir mein Baby jemals die Brust akzeptieren?

Auch mit der Hilfe einer guten Laktationsberaterin kann man nicht immer voraussagen, ob ein Baby irgendwann in der Lage sein wird, die Brust effektiv zu leeren. Dennoch kenne ich einige Babys, die anfingen, an der Brust zu trinken, nachdem sie 4 Monate lang mit abgepumpter Milch ernährt wurden.

Wie können Sie herausfinden, wann es Zeit wird, mit den direkten Stillversuchen aufzuhören? In diesem Zusammenhang ist es wichtig, sich klarzumachen, dass Sie allein bestimmen können, was für Ihre ganz spezielle Familiensituation richtig und wichtig ist – am besten mit der Unterstützung einer erfahrenen Stillberaterin.
Die persönlichen Definitionen von „das Stillen klappt nicht“ und „wann soll ich aufhören, es zu vesuchen“ können sehr unterschiedlich sein und sind von vielen Faktoren abhängig.
Manche Mütter kommen besser damit zurecht, die Stillversuche zu beenden oder zu reduzieren, wenn Sie wissen, dass Sie Ihrem Baby auch weiterhin Muttermilch in der Flasche geben können.
Andere sind erleichtert, dass sie Ihr Baby auch weiterhin ab und zu anlegen können, ohne das anstrengende Programm mit Stillversuch, Nachfüttern und Abpumpen bei jeder Mahlzeit durchziehen zu müssen.
Einige Mütter haben auch die Erfahrung gemacht, dass obwohl das Baby nicht ernährungseffektiv stillen konnte, es zwischendurch gern die Brust zum Trösten und Kuscheln akzeptierte.

Quellen:

Arnold, L. Recommendations for Collection, Storage and handling o f a Mother’s Milk for her Own Infant in the Hospital Setting, The Human Milk Banking Association of North America, Denver, (1999)
Hill, P, J. Aldag, & R. Chatterton, “Effects of pumping style on milk production in mothers of non-nursing preterm infants.” Journal of Human Lactation, 5(3) 1999, 209-16.
Jones, E. & S Spencer “A randomized controlled trial to compare methods of milk expression following preterm delivery” ILCA Conference session: Oral Research Presentations July 29, 2000.
Kristine L. et al, “The role of breastfeeding in sudden infant death syndrome” Journal of Human Lactation, 16 (1), 2000 13-20.
Lawrence. R. Breastfeeding: A Guide for the Medical Professional, Mosby, St Louis, (1994), 92, 158, 162-63.
Zoppou, C, S. Barry, & G. Mercer, “ Comparing breastfeeding and breast pumps using a computer model” Journal of Human Lactation, 13(3) 1997 195-202.