Aus der Fachzeitschrift der Arbeitsgemeinschft Freier Stillgruppen (AFS), "Stillzeit"

Noel – ein pump-gestilltes Spaltbaby

Unser Sohn Noel Friedrich wurde im Februar 2004 mit einer rechtsseitigen vollständigen Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geboren. Da die Schwangerschaft mit ihm (meine dritte) völlig unauffällig verlief und unsere beiden älteren Kinder (2 und 4) beide kerngesund auf die Welt gekommen waren, hatten wir überhaupt nicht damit gerechnet, dass etwas schief gehen könnte. Und doch – meine erste Frage nach seiner intensiven, sehr schönen Geburt war: „Ist er gesund?“ Auf die Antwort der Hebamme, unser Kind habe eine Gesichtsspalte, folgte der totale Schock. Obwohl ich mit dem Behinderungsbild LKG-Spalte nicht vertraut war, war mir sofort klar, dass sich das Stillen diesmal wohl nicht so problemlos gestalten würde wie bei meinen anderen Kindern, die ich beide 6 Monate voll- und danach noch lange teilgestillt hatte – meine Tochter, die zu diesem Zeitpunkt 21 Monate alt war, hatte sich sogar während der gesamten Schwangerschaft immer noch ein- bis zweimal am Tag gestillt, das letzte Mal etwa 3 Stunden vor dem Blasensprung, der Noels Geburt einleitete. Und nun? Meinen entsetzten Ausruf „dann werde ich ihn wohl nicht stillen können“ verstand die Hebamme falsch und wurde beinahe panisch: „Nein, Sie können ihn jetzt nicht anlegen, nicht hier im Kreissaal, das kann ich auf gar keinen Fall erlauben, da muss erst der Kinderarzt draufgucken!“ Also bekam ich dieses Bündel in den Arm gedrückt, mit diesem riesigen Loch in seinem kleinen Gesicht, und dachte nur, was jetzt, was soll ich jetzt damit anfangen? Ich fühlte mich diesem Kind einfach nur fremd, hatte ihm nichts zu bieten, keine wohlriechende, warme Brust. Bonding? War nicht. Dabei bin ich aus heutiger Sicht sicher, dass es Noel und mir den Start sehr erleichtert hätte, wenn ich ihn einfach ein bisschen an meiner nackten Brust hätte halten können, und ihm hätte es sicher nicht geschadet...so blieb mir nur die Leere in meinem Inneren und die Ungewissheit, wie es denn nun weitergehen sollte. Klar war nur: mit der schönen ambulanten Geburt, die wir geplant hatten, wurde es nun nichts. Noel sollte in eine Kinderklinik, und in die wurde ich mit ihm am Morgen nach seiner Geburt gebracht. Er lag auf der Kinderstation und ich bekam ein Zimmer auf der Wöchnerinnenstation, zusammen mit lauter glücklichen stillenden Müttern. Zum Stillen erhielt ich sehr widersprüchliche Informationen. Ein Arzt sagte mir, das Stillen könne ich vergessen; eine Schwester erzählte mir von einem ihr bekannten Spaltkind, das problemlos gestillt worden sei. Abpumpen ginge aber in jedem Fall, also bekam ich eine Milchpumpe und Noel erst mal Glucose über eine Magensonde. Zwei Tage lang sass ich jede Minute neben Noels Gitterbettchen und pumpte wie verrückt, ohne dass ich einen Tropfen Milch sah. Dann meinte eine Schwester, ich sollte ihn doch einfach mal anlegen, was ich auch tat, aber mit wenig Erfolg – Noel lutschte und leckte zwar gierig an dem herum, was er von meiner Brust zu fassen bekam, doch er konnte keinen Saugschluss herstellen und mir war klar, dass er so keine Milch erhalten würde.
Am Ende des zweiten Tages in der Kinderklinik wurde uns mitgeteilt, dass wir am nächsten Tag in die Düsseldorfer Uniklinik verlegt würden, dort habe man einen Termin mit den Kieferchirurgen vereinbart, die das weitere Procedere mit uns besprechen würden. Das war nun also schon das dritte Krankenhaus, das Noel in seinem jungen Leben kennenlernte, und wir fragten uns, warum wir nicht sofort in ein Krankenhaus mit Kieferklinik verlegt worden waren. Doch obwohl ich froh war, dass man Noel jetzt endlich konkret helfen würde (ihm sollte vor allem eine Gaumenplatte angepasst werden, damit er trinken konnte), empfand ich unsere Situation nun als noch schlimmer, denn erstens war in der Kinderklinik der Uni leider kein Mutter-Kind-Zimmer mehr frei, so dass ich mein Neugeborenes nachts allein dort lassen musste, was mir sehr schwerfiel, und zweitens hatte Noel inzwischen einen schwere Gelbsucht entwickelt, weshalb er eine intensive Phototherapie bekam und nicht von mir aus seinem Wärmebettchen genommen werden durfte. Er hatte dort wieder eine Magensonde bekommen und erhielt mit unserer Zustimmung Säuglingsnahrung, da ich immer noch nicht einen Tropfen Milch hatte abpumpen können. Erst als ich am Abend seines dritten Lebenstages dann zu Hause war, konnte ich mit meiner Handpumpe die erste Milch abpumpen, die ich Noel am nächsten Tag sofort mit in die Klinik brachte, wo mich eine Überraschung erwartete: die Schwester fütterte ihn mit der Flasche, mit einem speziellen Gaumenspaltsauger der Firma NUK, der vorne sehr gross und breit ist und so das Gaumendach abdecken soll. Das funktionierte relativ gut und die Magensonde wurde entfernt – zu meiner Erleichterung, denn so sah er schon wieder viel normaler aus! Der uns betreuende Kinderarzt ermutigte mich, das Stillen zu probieren, aber es lief jedes Mal so wie beim ersten Versuch und endete mit Geschrei. Mit der Gaumenplatte sollte es angeblich besser gehen, also beschloss ich, zu warten, bis diese angepasst worden war. Es folgten Gespräche mit dem Chirurgen, die Abdrücke für die Gaumenplatte, diverse Tests und Untersuchungen (da Kinder mit einer Spaltbildung des Gesichts oft auch andere Fehlbildungen haben), die zum Glück alle negativ ausfielen. Nach Abklingen der Gelbsucht durften wir nach Hause, die Gaumenplatte wurde ambulant angepasst und wir in das Hineinsetzen und Herausnehmen derselben eingewiesen. Bis dahin hatte Noel mit dem Gaumenspaltsauger leidlich gut getrunken, doch dieser passte nun mit der Platte nicht mehr, ausserdem benötigte er grössere Mengen an Nahrung, als er bisher geschafft hatte, und wir versuchten es mit einem herkömmlichen Flaschensauger. Das klappte überhaupt nicht. Noel brauchte eine Stunde, um 50 ml zu trinken, und schlief mittendrin vor Erschöpfung immer wieder ein. Er nahm nicht zu und hatte umso weniger Lust zu trinken, je weniger Nahrung er zu sich nahm. Ein Teufelskreis! Neben der langwierigen Nahrungsaufnahme hatte ich ja noch 2 andere Kinder zu versorgen, und alle 2 bis drei Stunden musste ich abpumpen, um die Milchproduktion so aufrecht zu erhalten, als würde ich tatsächlich stillen. Und das Stillen war ja langfristig auch mein Ziel! Allerdings ging es jetzt zunächst mal ganz schlicht darum, ihm das Überleben zu ermöglichen. Und daran hegte ich schon ernsthafte Zweifel. Ich sass nachts um zwei auf dem Sofa, versuchte meinem Kind die Flasche in den Mund zu stopfen und hatte schreckliche Angst, dass er mir einfach verhungern würde! Anlegen tat ich ihn schon gar nicht mehr, da er immer nur kurz nach der Brustwarze schnappte, sie aber nicht ansaugen konnte und dann zu schreien begann. Nach einer Woche blieb uns nichts anderes übrig als Fingerfeeding, was meine Hebamme mir zeigte: er nuckelte an meinem Finger, während ich ihm von der Seite Milch mit einer Spritze eingab. Unendlich mühsam und zeitraubend, aber immerhin bekam er die so dringend benötigte Nahrung!
Immerhin hatte ich mir inzwischen eine gute Milchproduktion aufbauen können, er erhielt fast ausschliesslich Muttermilch, aber uns war klar, dass es so nicht weitergehen konnte und wir unbedingtt eine alltagstaugliche Lösung für Noels Ernährung finden mussten. Dann, nach zwei Wochen, kam die Wende. Unsere Hebamme hatte sich schlau gemacht und brachte uns den sogenannten Haberman Feeder der Firma Medela mit, einem Sauger für trinkschwache Babys, mit einem genialen Schlitzsystem, das die Stärke des Milchflusses reguliert.. Die Milch fliesst durch ein Ventil in den Sauger, kann aber nicht zurückfliessen und das Baby muss nur auf den Sauger, nicht auf die ganze Flasche einwirken. Ich probierte den Sauger aus und Noel trank sofort 100 ml in 10 Minuten! Nach der ersten so verabreichten Mahlzeit sah er mich staunend aus grossen Augen an, als wollte er sagen „Also so fühlt sich ein voller Magen an!“ Ich musste vor Glück und Erleichterung weinen. Das war unsere Rettung, wir mussten uns aber auch fragen, warum wir im Krankenhaus nicht über diesen Sauger informiert worden waren – es hätte uns zwei bange und erschöpfende Wochen erspart. Von nun an ging es stetig bergauf, Noel nahm zu und obwohl das Füttern immer noch recht lange dauerte (er bekam oft Milch in die Gaumenspalte und verschluckte sich fürchterlich) und ich ja ebenso oft, wie er trank, abpumpen musste (also 6-8 mal täglich, davon einmal nachts), bekam unser Alltag mit ihm allmählich so etwas wie Routine. Da ich die Milchmenge mit der Handpumpe nicht mehr wesentlich steigern konnte, liess ich mir von unserem Kinderarzt eine elektrische Milchpumpe verschreiben und entdeckte geraume Zeit später auch, dass es Doppelpumpsets gibt. Damit konnte ich die Abpumpzeit auf eine halbe Stunde pro Sitzung verkürzen und hatte nun etwas mehr Ruhe, um Noel auch mal anzulegen. Aber es klappte einfach nicht! Er konnte aufgrund seines gepaltenen Gaumensegels keinen Saugschluss herstellen. Unser Kieferorthopäde wies mich darauf hin, dass er diesen ja auch nicht brauche, schliesslich seien Säuglinge ja eigentlich Melklinge, die die Milchseen mit ihren Kieferbewegungen ausleerten, und das könne Noel auch. Was er dabei ausser Acht liess, war die Tatsache, dass ein Baby beim Stillen das Vakuum benutzt, um die Brustwarze im Mund zu positionieren, und dann erst mit dem Ausmelken der Brust beginnt. Und genau das war Noels Problem. Er konnte die Brustwarze nicht im Mund behalten, denn er war ausserstande, sich daran festzusaugen! Da half kein spezieller Griff (auch nicht der DancerHold), keine Stillhaltung, nichts. Ich las alle verfügbare Literatur (etwa die Broschüren „Mit Spalte geboren“ der La Leche Liga oder „Lasst uns etwas Zeit“ der Firma Medela, besuchte mehrere Stillberaterinen, aber nichts half. Noel konnte nicht stillen. Meine Hebamme besorgte mir ein Brusternährungsset, aber wie sollte ich das benutzen, wo er doch die Brustwarze nicht einmal im Mund behalten konnte – mit aufgeklebtem Schlauch oder ohne.
Meistens ist ja zu beklagen, dass Frauen zu wenig Ermutigung zum Stillen bekommen. Mir ging es eher umgekehrt - mir war das Stillen ohnehin schon so wichtig, und dann sagte mir die Stillberaterin, ja das wird schon, ich habe viel Hoffnung, dass es noch klappt, und in den Broschüren waren ergreifende Fotos von busennuckelnden Spaltkindern. Da fragte ich mich dann irgendwann, was ich denn bloss falschmachte, dass es einfach nicth klappen wollte. Ich hätte einfach jemanden gebraucht, der mir sagt, dass es womöglich trotz aller Bemühungen nicchts werden würde mit dem Stillen. Später erfuhr ich dann, dass es auch Kinder mit einer isolierten Lippenspalte gibt, die meist ohne Probleme gestillt werden können, dass es bei Kindern mit einer Gaumenspalte aber je nach Ausprägung sehr schwierig bis unmöglich ist, sie zu stillen. Aber damals sah ich nur ein entstelltes, eben behindertes Kind, das viel Sorgen und Mühe machte, und hatte doch die ganze Zeit die Erinnerung an die schönen, praktischen Stillzeiten mit meinen anderen Kindern vor Augen. Wie zuvor sie, liessen wir auch Noel mit uns im Familienbett schlafen, und jede Nacht, wenn ich mich zum MuMi-Aufwärmen aus dem Bett quälte, dachte ich, wie ätzend das alles war, schliesslich hatte er die Milch im Busen ja vor der Nase – so nah und doch so fern. Ich hätte alles dafür gegeben, ihn einfach an die Brust legen und weiterdösen zu können. Abpumpen, Pumpsets, Flaschen und Sauger reinigen und sterilisieren, bei jedem noch so kleinen Ausflug Flasche und Nahrung mitnehmen, all das erledigte ich mit Todesverachtung, während ich eigentlich vom Stillen träumte. Dazu kam, dass es mir unglaublich schwer fiel, Noel anzunehmen, zu ihm eine Bindung aufzubauen. In den ersten Wochen musste ich mich regelrecht zwingen, ihn auch mal zwischen den Mahlzeiten auf den Arm zu nehmen und mit ihm zu schmusen. Ich lehnte ihn massiv ab, hasste den Anblick seiner gespaltenen Lippe und litt gleichzeitig unter meinen unmütterlichen Gefühlen. Ich wollte ihn nicht – ich wollte ein Baby, das ich stillen konnte! Für das ich etwas tun konnte, etwas einzigartiges! Im Grunde war nicht er behindert, sondern ich war in meiner Fähigkeit als Mutter behindert, da ich ihn nicht mit meinem Körper ernähren konnte. Bis mir meine Hebamme klarmachte, dass ich das ja doch konnte! Schliesslich bekam er meine Milch! Als Noel etwa 8 Wochen alt war, hatte ich ein langes Gespräch mit meiner Hebamme, bei dem mir klar wurde, dass ich mich von dem Gedanken an eine normale Stillzeit verabschieden musste. Dass ich auch die Trauer um das perfekte Kind ausleben musste, um ihn so annehmen zu können, wie er ist. Danach dachte ich zum erstenmal weiter voraus. Ich hatte gelesen, dass Muttermilch gerade für Spaltbabys wichtig ist – sie sind sehr anfällig für Mittelohrentzündungen, da wegen des defekten Gaumenmuskels beim Schlucken nicht die Verbindung zum Mittelohr geöffnet werden und dieses somit nicht belüftet werden kann. Verschiedene Studien haben aber gezeigt, dass muttermilchernährte Kinder damit weit seltener Probleme haben. Auch für die Wundheilung nach den notwendigen Operationen (Lippen- und Gaumenplastik) sei die Muttermilch unersetzbar. Also beschloss ich, mindestens bis zur mit 6 Monate anstehenden Lippenplastik abzupumpen, vielleicht sogar bis zur Weichgaumen-OP mit 12 Monaten. Bisher hatte ich ja das Abpumpen hauptsächlich in Hinblick auf ein mögliches Stillen aufrecht erhalten – nun betrieb ich es ernsthaft als Noels Ernährungsform der Wahl. Ich recherchierte im Internet und stellte fest, dass ich nicht die Einzige war, die ihr Kind über längere Zeit hinweg mit abgepumpter Muttermilch ernährte – auch andere Mütter von LKG-Kindern oder auch Mütter extremer oder saugverwirrter Frühchen haben diese schwierige Aufgabe gemeistert. Sogar einen Namen gab es dafür – Pump-Stillen – und dieses Wissen half mir, unsere Situation anzunehmen und sogar ein bisschen stolz darauf zu sein, was ich für unseren Sohn leistete. Und endlich (auch dank Noels ausgeglichenem, freundlichen Wesen) gelang es mir, eine gute Bindung zu meinem Sohn aufzubauen und das Vertrauen in meine Fähigkeit als Mutter wiederzugewinnen. Ich trug (und trage ihn viel im Tragetuch, lernte die neugierigen Blicke mancher Leute zu ignorieren und meinen Sohn mit seiner Spalte zu lieben.
Sicher waren und sind da auch immer Aspekte unseres Lebens mit Noel, auf die ich lieber verzichten würde: etwa wenn ich zum x-ten Mal gefragt werde, ob das eine Hasenscharte sei, was der Kleine da hätte – oder einmal gar, ob ich während der Schwangerschaft getrunken hätte! Das Abpumpen ist ausserdem oft ein mühsames Geschäft: mindestens alle 4 Stunden, meistens eher alle 3, muss ich an der Milchpumpe sitzen, nach jeder Sitzung das Pump-Equipment reinigen, wenn die Milch nicht reicht oder um Wachstumsschüben vorzugreifen muss es sogar alle 2 Stunden sein, jedes Mal eine halbe Stunde (in der die grösseren Kinder regelmässig die Bude auf den Kopf stellen, denn die wissen ja, dass ich dann ausser Gefecht gesetzt bin). Dazu kommt die Zeit, in der ich Noel die abgepumpte Milch füttere, meistens noch mal ein halbe Stunde. Ausflüge dürfen nicht länger als 4 Stunden dauern, oder ich muss die Handpumpe mitnehmen, die bei mir leider nicht so effektiv ist wie die elektrische, und auch leider viel weniger Ertrag bringt. So habe ich meistens 2 Alternativen: entweder einen schönen Ausflug mit den Kindern zu machen und dafür eine geringere Milchmenge im Kauf zu nehmen (die ich dann mit künstlicher Milchnahrung ausgleichen muss) oder zu Hause herumsitzen, dafür aber mit ausreichendem Milchangebot! Nicht immer eine leichte Entscheidung, denn Noels Geschwister wollen ja auch zu ihrem Recht kommen. Nervig sind auch ganz praktische Fragen: wie transportiert man aufgewärmte Muttermilch für unterwegs? Warum kostet ein Haberman Feeder 19 Euro – und warum zahlt die Krankenkasse das nicht?
Wie schaffe ich es, den Milchflussreflex „auf Kommando“ auszulösen? Warum koche ich alle Sauger aus, wo ich die Gaumenplatte, die er immer trägt, nur unter warmem Wasser reinigen darf?
Wenn ich mal einen schlechten Tag habe und anderen mein Leid klage, kriege ich meist nur zu hören: “Ja dann lass das doch mit dem Abpumpen, Babys gedeihen auch ohne Muttermilch!“ Schwer, anderen klarzumachen, dass ich Noel genau den gleichen guten Start ins Leben ermöglichen will wie meinen anderen Kindern. Und das ist mir, glaube ich auch gelungen: er ist nun 5 Monate alt, ein wohlgenährtes, fröhliches und gesundes Baby. Er hat noch nicht eine Mittelohrentzündung gehabt und trianiert seine Kiefermuskeln fleissig mit dem Haberman Feeder – und erhält immer noch fast ausschliesslich Muttermilch! Inzwischen bin ich sehr zuversichtlich, dass ich bis zur zweiten OP, also bis zu seinem ersten Geburtstag, durchhalten werde, und obwohl ich ein wenig Angst vor der demnächst anstehenden Lippen-OP habe, kann ich der Zukunft doch im Grossen und Ganzen sehr gelassen ins Auge sehen. LKG-Spalten gehören zu den wenigen wirklich therapierbaren Behinderungen, und bis jetzt deutet nichts darauf hin, dass Noel unter möglichen Folgen wie verzögerter Sparchentwicklung, Hörschäden o.ä. wird leiden müssen.
Insgesamt habe ich den Eindruck, dass weder der enorme Aufwand noch der Sinn des Pump-Stillens meiner Umwelt deutlich ist und fühle mich damit doch öfter sehr allein. Meinen innigen Wunsch, es nach seiner Gaumensegel-OP, wenn er „technisch“ dazu in der Lage sein wird, es doch noch einmal mit dem Stillen zu versuchen, wage ich gar nicht laut zu äussern – in einer Zeit und Kultur, wo die allermeisten Kinder an ihrem 1. Geburtstag längst abgestillt sind, wohl kein Wunder. Wenn ich allerdings meinen rosigen, pausbackigen kleinen Sohn ansehe, dann weiss ich, dass es sich hundertmal gelohnt hat und das ich für dieses Lächeln wirklich alles erreichen würde!