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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Übungen für Fortgeschrittene



Lucas S.
23.04.2009, 12:51
Hallo miteinander,


um nicht so unpersönlich gleich loszulegen, stelle ich mich kruz vor:

Ich heisse Lucas, bin 23 und komme aus Osnabrück, meine Mutter hatte Ende Januar einen Schlaganfall, bei dem ihr Sprachzentrum zerstört wurde. Nach einigen Wochen Reha, ist sie schon wieder sehr fit.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten, die auf die schlechte Reha-Klinik zurückzuführen sind, ging es doch steil bergauf mit ihr :)

Motorisch und geistig ist meine Mutter nun wieder top fit :gut: nur mit dem Sprechen harpert es noch deutlich. Wenn sie sich stark konzentriert, klappt es eigentlich ganz gut, nur sind Ihre Worte undeutlich und/oder abgehackt oder verdreht, so kam sie gestern auf mich zu und meinte, sie könne die worte "Zeit" und "Feuer" nicht sprechen, es geht einfach nicht! Beim Üben kommt immer "teitz" und "euer" raus :eek:
Das Gute daran ist, sie nimmt es sehr locker und lacht selber darüber, wenn mal wieder ein Wort kräftig daneben geht!

Ich habe nun das ganze Internet (wirklich das ganze, ich war schon am Ende des Internets ;) ) nach Übungen abgesucht, jedoch nur die Standart Dinge gefunden, die grundlegende Logopädische Übungen beschreiben!

Dabei bin ich auf euer Forum gestoßen und habe gleich mal den Sammel-Thread an erster Stelle gesehen!

Gibt es nicht so etwas wie Logopädische-Übungen für Fortgeschrittene zum Download?

Ich war auch schon in diversen Buchhandlungen hier in Osnabrück, aber die haben da wenig bis garkeine Ahnung von logopädie :(


Meine Mutter und ich wären euch für jeden tipp, Link oder Hinweis dankbar!



Gruß, Lucas

A.Makdissi
23.04.2009, 16:03
Hallo Lucas,

erst mal finde ich es super, dass du so engagiert für deine Mutter nach Möglichkeiten suchst :gut:
In welcher Rehaklinik war sie denn? Meine Mama kommt nämlich aus Georgsmarienhütte und von daher kenne ich mich in der Gegend ein bisschen aus. Was wurde denn in der Reha gemacht, welche Therapien sind dort gealufen? Bekommt deine Mutter inzwischen ambulante Therapien bzw. Logopädie?

Am Besten wäre es nämlich mit dem behandelnden Therapeuten zusammenzuarbeiten, denn eine Aphasie (erworbene Sprachstörung nach Hirnschädigung) kann ganz unterschiedliche Ausprägungen und Erscheinungsformen haben - je nachdem, welche Hirnregion durch den Schlaganfall betroffen wurde.

Von daher gibt es auch keine "Übungen", die man einfach so mal machen könnte, denn damit auch ein Effekt eintritt, muss vorher genau diagnostiziert werden, welche sprachlichen Fähigkeiten auf welche Art und Weise gestört sind. Und das macht eben ein Logopäde - eine genaue Diagnostik nach der dann ganz individuell für den Betroffenen ein Therapieplan aufgestellt wird. Und die Übungen sind für jeden Patienten anders.

Grundsätzlich ist es aber gut, wenn deine Mutter z.B. liest (wenn lange Tesxte nicht gut klappen, dann nimmt man eben die BILD oder Magazine mit weniger Text und vielen Bildern). Es ist auch immer gut, wenn ihr über kleine "Sprechfehler" oder Wortfindungsprobleme lachen könnt, denn dass nimmt viel Druck und Frust.
Eine Aphasie "verschwindet" nie ganz, aber man kann durchaus wieder so gut sprechen/schreiben/lesen lernen, dass anderen Menschen gar nichts mehr auffällt.
Es dauert halt immer einige Zeit bis sich das Gehirn wieder erholt hat und sich neue Nervenverbindungen gebildet haben. Bei jüngeren Menschen sind Chancen der Heilung natürlich wesentlich höher und es kommt auch darauf an, wie schwer die Hirnverletzung war. Aber wirklich helfen kann euch dabei eine logopädische Therapie.

Grüße
Aila - selber Logopädin :wink:

Lucas S.
23.04.2009, 17:54
hallo aila,

vorweg: ich verzichte bewusst ab jetzt auf groß und kleinschreibung, das wird total überberwertet ;)


so:

sie war in bad oyenhausen in der klinik ist ist dort stark depressiv geworden und saß bei jedem geplanten besuch von uns (mir und/oder meiner schwester) auf gepackten koffern und wollte da weg :( war keine schöne zeit und wirklich gute fortschritte konnte man auch nicht erkennen, 1 neues wort pro woche halte ich im hinblick auf die jetzige weiterentwicklung für zu wenig erfolg!

danach war sie in einer privaten stiftung für aphasie in vechta (hab den namen vergessen :( ) dort ging es steil bergauf und sie war jedes wochenende zuhause und rundum zufrieden dort!
seit dieser woche bekommt sie ambulante logopädie, ihre logopädin meinte, sie solle laut lesen und so dachte ich,d a gibt es irgendwie bestimmte bücher oder sonstige texte!? sie hat von ihrer logopädin von ralf schmitz "schmitz katze" bekommen, welches sie nun jeden tag einw enig laut liest, scheint aber sehr anstrengend zu sein, denn merh als 2 seiten sind nicht drin :gruebel:

A.Makdissi
23.04.2009, 22:29
Hallo Lucas,

ich bin zwar immer FÜR Groß- und Kleinschreibung, aber ich kann durchaus damit leben, wenn du alles klein schreibst :D

Also die Depressivität kommt recht häufig vor, denn zum einen muss natürlich erst einmal diese "frische Behinderung" verarbeitet werden und zum anderen können Verletzungen bestimmter Hirnregionen auch Depressionen/Stimmungsschwankungen auslösen. Für uns sind Sprechen, Essen und Trinken immer so selbstverständlich...und wenn man plötzlich eines oder alles davon nicht mehr kann, ist das schrecklich. Besonders, wenn der Betroffene ein gutes Störungsbewusstsein hat - es gibt Aphasiker, die wissen überhaupt nicht, dass sie selber nicht mehr / falsch sprechen und dass macht die Kommunikation unglaublich schwer. Aber auch für Aphasiker die eben genau wissen, dass sie eigentlich das Wort "Zeitung" sagen wollen und dann aber "Tischtuch" rauskommt, ist das Ganze sehr frustrierend.

Das Therapiezentrum in Vechta ist für Aphasiker sehr gut! Da besonders in den ersten Wochen sehr viele Fortschritte durch Spontanheilung und intensive Therapie gemacht werden, war deine Mutter dort genau richtig.
Für das was nun folgt, braucht ihr etwas mehr Geduld und regelmäßige Therapie.

Du hast recht: das "bisschen Lesen" ist für deine Mutter wahnsinnig anstrengend! Von daher ist es sinnvoll besser öfter zu Üben - dafür aber nicht zu lang von der Zeit her, denn durch die Ermüdung kann der Lerneffekt auch eingeschränkt werden.
Spezielle Texte gibt es zwar, aber es eignen sich eben auch Zeitungen (mit weniger Text, größeren Buchstaben und Bildern, die das Verstehen unterstützen). Eine ältere Patientin von mir hat sich von der Nachbarin sogar Kinder-/Jugendbücher ausgeliehen, weil sie die leichter lesen kann.
Die Logopädin wird sicher immer wieder Material oder Übungen mitgeben und damit man eben eine Überforderung vermeidet, sollte man sich möglichst an diese Übungsvorschläge halten.
Ansonsten kannst du aber auch die Logopädin mal fragen, ob ihr noch irgendwas anderes machen könnt bzw. ob es etwas gibt, dass man kaufen kann.
Ist bei deiner Mutter nur das Sprechen betroffen, oder hat sie noch andere Schwierigkeiten?

Grüße
Aila

Lucas S.
23.04.2009, 22:48
hi,

das ist ja das gute! anfangs sagten die ärzte, dass es ein schwerer schlaganfall war und wir uns evtl. darauf einstellen sollten, dass meine mutter ein pflegefall werden könnte! durch die schnelle hilfe (ca. 30 min nach dem infarkt lag der tropf) konnte das schlimmste verhindert werden!

motorisch und geistig ist meine mutter top fit! sie schmeisst den haushalt, mäht rasen, fährt fahrrad und und und... also keinerlei einschränkungen! nur das sprechen fällt ihr noch schwer! sie hatte zwischen vechta und der ambulaten reha 2 woche pause in der sie meiner meinung nach stark abgebaut hat, sätze waren garnicht mehr drin, nur vereinzelte worte und silben waren ihr möglich! heute hatte sie erst die 2. ambulante sitzung und plappert wieder wie direkt nach vechta :)

ich werde ihr dann so oft ich kann in den hintern treten :D ich "ärgere" sie schon damit, dass ich manchmal schon weiss, was sie sagen will, bevor sie anfängt zu reden, ich sie den satz aber trotzdem möglichst deutlich aussprechen lasse ;) meist merkt sie es und fängt ironisch an zu motzen :hau mich weg: wie gesagt, nimmt sie fast alles mit humor und das ist auch gut so. sie kommt beruflich aus einem bereich, in dem man öfter mit schlaganfall-patienten zu tun hat und weiss somit denke ich, dass sie mit fast 56 jahren doch noch recht jung ist und viel wieder erlernen kann!

wir verlassen uns erstmal auf die ambulante logopädie und sehen dann weiter!
ich danke dir aila für deine informationen und werde hier gerne weiter berichten, wenn du/ihr mögt :)

tina-jeca
24.04.2009, 19:36
Hallo
Mein Opa hatte im letzten Jahr einen Schlaganfall und bei ihm war ebenfalls das Sprachzentrum betroffen. Er hat dann nach der Reha zuhause Logopädie bekommen. Die haben dann immer Zungenbrecher gelesen wie : Blaukraut bleibt Blaukraut und Brautkleid bleibt Brautkleid. Oder so was .Es gibt ja mehrere solcher Sätze. Oder auch lange Wörter sprechen.Das hat ihm unheimlich geholfen.

A.Makdissi
26.04.2009, 11:25
@Lucas

Freut mich, wenn ich etwas helfen kann :smile: Also ich würde gerne mal "lesen", wie es mit deiner Mutter weitergeht.

Wenn sie ansonsten keine/kaum Schwierigkeiten in den Bereichen Sprachverständnis, Lesesinnverständnis und Schreiben hat, könnt ihr noch Folgendes machen:
Grundsätzlich sind sämtliche Spiele/Übungen die die Konzentration und das Denken fördern (Kreuzworträtsel, Memory!) immer gut.
Für die Sprache kann man prima "Stadt-Land-Fluß" oder "Scrabble" nehmen.

Oder man schreibt ein langes Wort auf ein Blatt - Lastkraftwagenfahrer- aus diesem Wort muss man dann so viele neue Wörter bilden wie möglich. Das einfachste wäre erst mal z.B. Last, Kraft, Wagen usw. aber man kann auch neue bilden z.B. Fahne, Lehrer, Strafe usw. Mögliche Wörter zum Üben wären auch noch Autobahnpolizei, Kinderzeichentrickfilm, Fleischereifachverkäuferin, Balkonkastenhalterung.

Zungenbrecher kann man auch nehmen - wenn es von der Artikulationsleistung her für deine Mutter schon möglich ist. Ansonsten kann man auch erst mal einfach nur Silben oder Wörter nehmen, die ganz deutlich (auch mal mehrmals hintereinander) gesprochen werden sollen.

Übrigens machst du das genau richtig :gut:- bloß nicht für den Betroffenen die Sätze sprechen, denn das ist ja keine Hilfe, sondern man nimmt ihm ja die ganze "Arbeit" ab und das bringt ja keine Verbesserung. Kann mir vorstellen, dass deine Mutter dann "rummeckert", weil sie das durchschaut :rofl: Finde ich aber super, dass sie damit so gut umgeht.

Grüße
Aila

Lucas S.
06.10.2009, 20:06
hallo allerseits und vorab: entschuldigt meine abstinenz :Sorry:



ich hab soo lange nicht mehr in meine email postfach geschaut, dass sogar mein account hier gelöscht wurde :gruebel: ein sehr sauberes forum ;)


nun bin ich wieder da und wollte kurz berichten:

meiner mutter geht es soweit ganz gut!

autofahren, einmal die woche mit der freundin in die sauna, 3 mal die woche logopädie...es läuft ;)

leider hat sie selber das gefühl, seit wochen nicht weiter zu kommen, auch bin ich nicht jeden tag für sie da und die meiste zeit ist sie alleine :( das macht ihr sichtlich zu schaffen, sie wirkt deprimiert und unzufrieden! hinzu kommen beschwerden im rechten arm, sowie rechten bein <= evtl. spätfolgen des schlaganfalls?!

nun sind wir gemeinsam auf der suche nach beschäftigung für sie!

übrigens haben eure tips sehr viel gebracht! spieleabende mit scrabble udn stadt,land, fluss sorgen immer für reichlich gelächter (im positiven sinne).



nochmals sorry für meine abstinenz, die zeit rennt ja wahnsinnig heutzutage! in knapp 3 monaten ist der schlaganfall meiner mutter schon q jahr her :eek:

ich danke euch allen nochmals und hoffe, diesesmal meine emails abrufen zu können BEVOR ich hier wieder gelöscht werde ;)


beste grüße, Lucas

A.Makdissi
08.10.2009, 22:19
Hallo Lucas,

das deine Mutter frustriert ist, weil sie das Gefühl hat nicht weiter zu kommen, ist "normal". Bei einer Aphasie (und auch bei anderen Erkrankungen) hat man immer wieder Zeiten des Stillstandes - und Fortschritte erfolgen meist schubweise. Vergleichbar ist das mit der normalen Entwicklung eines Kindes: die beiden Gehirnhälften entwickeln sich abwechselnd, neue Fertigkeiten werden erlernt und gefestigt und das alles verläuft in Schüben.

Wichtig ist, dass man immer regelmäßig weiterübt, damit keine Verschlechterung eintritt. Und wenn sie die Möglichkeit hat, dann sollte deine Mutter auch viel unter Menschen gehen. Du alleine kannst das ja auch gar nicht schaffen! Da wäre ein "Hobby" schon eine gute Lösung.

Die Beschwerden im rechten Arm/ Bein sind sicher Folgen des Schlaganfalls. Aber deine Mutter bekommt doch sicher auch Physiotherapie, oder?

Grüße
Aila

Lucas S.
10.10.2009, 03:38
hi,

ja das weiss ich, aber sie anscheinend leider nicht! klar gibt mal zeiten, wo es stärker bergauf geht und welche, wo es eben nur langsam oder garnicht weiter geht!

physiotherapie bekommt sie nicht! alles, was gemacht wird, ist logopädie, ambulant, mitlerweile nur noch 3 mal die woche. am donnerstag waren wir gemeinsam bei dem (oder der?!) DAA, die bilden logopäden aus und suchen immer "schulungsobjekte", also betroffene an denen man "experimentieren" kann! klingt komisch, ist aber garnicht so schlecht im hinblick auf die abwechslung, die sie so erfährt!

unter leute gehen ist leichter gesagt, als getan! meine mutter ist, wie gesagt alleine zuhause, und ausser nachbarn und alle paar wochen mal ein paar "freunde" zu besuch ist leider nicht viel mit sozialem umfeld! das hat sie aber leider auch selber zu verantworten, da sie, als sie berufstätig war, einfach viel mit kollegen etc unternommen hat und ständig mit dem beruf beschäftigt war! das hat sie ausgefüllt und war immer in richtiger balance zum privatleben, nun, da dieser wesentliche bestandteil fehlt, ist sie vollends isoliert!

um es mal auf den punkt zu bringen: sie geht abends schlafen, steht morgens auf, hat 45 min logopädie, und ist ab dann den ganzen tag, meist allein, zuhause, abgesehen von den besuchen, die sie alle 3-4 wochen bekommt (und ausser mir).
ich denke, das fördert sie in ihrer depressiven haltung, aber ich fühle mich machtlos demgegenüber!

:alles Käse:

A.Makdissi
12.10.2009, 09:46
Hi Lucas,

es ist immer schwer für alle Seiten, wenn eine Aphasie das ganze Leben verändert...und auch die Grenzen an die man stößt sind oft frustrierend. Das kann ich gut nachvollziehen, weil ich das nicht nur durch meine Arbeit kenne, sondern auch aus meiner Familie. Und da hilft leider nur Geduld, viel Üben und nochmal Geduld :roll:

Ich würde aber doch noch empfehlen, zum Physiotherapeuten zu gehen. Besonders, wenn deine Mutter Beschwerden hat!
Und was die DAA angeht - es ist ja nichts anderes als Therapie, nur das eben halt die Logopädieschüler unter Supervision die Therapie durchführen. Und ich denke es ist wirklich auch mal eine gute Abwechslung.

Als was hat deine Mutter denn früher gearbeitet?

Grüße
Aila

Lucas S.
14.10.2009, 20:00
die physio geht nächste woche los, der orthopäde meint, ihre schulter (rechts) hängt, mögen spätfolgen des schlaganfalls sein, aber halb so wild und gut therapierbar ;)

komischerweise bekommt meine mutter seite letzte woche von ganz allein den hintern hoch und unternimmt viel! DAA ist morgen wieder, heute war sie bei einem Vortrag über hirnforschung und das wochenende ist sie mit freunden unterwegs ;)

dabei weiss sie garnicht, dass ich mich hier "beschwere" :hau mich weg:

ich war als kind IMMER ungeduldig und konnte nie lange auf etwas warten, mit der situation jetzt aber, habe ich auch das gelernt!

A.Makdissi
15.10.2009, 09:58
Siehst du, aus jeder Situation - egal wie schwierig oder negativ sie einem erscheinen mag - kann man etwas lernen :D

Du bist geduldiger geworden und deine Mutter übt fleißig weiter und unternimmt mehr. Das hört sich doch richtig gut an. Ich drücke euch die Daumen, dass es so positiv weitergeht :gut:

Viele Grüße
Aila