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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Erfahrung mit unterstützter Kommunikation?



blumi
12.05.2006, 22:43
Hallo liebe Forum´ler,

vielleicht erinnert sich ja der/die eine oder andere noch an uns - wir hatten uns im letzten Jahr mal angemeldet, sind aber eher stille Leser hier im Forum.
Wir haben unsere Kinder im Oktober letzten Jahres aus Russland adoptiert. Unsere Tochter hat eine linksseitige LKGS. Sie ist stark entwicklungsverzögert - als wir sie adoptierten war sie 3 Jahre 11 Monate. Sie sprach noch nicht, lautierte nur - hatte aber eigene Gebärden entwickelt, die wir auch relativ schnell übernahmen am Anfang. Sie war zum Zeiptunkt der Adoption unter- und mangelernährt - war 83 cm und wog keine 10 kg. Hier wurde eine Zöliakie diagnostiziert. Saschka ist ein Frühchen gewesen - 41 cm und 1470 g. Inzwischen ist sie in diesen 7 Monaten 11 cm gewachsen und hat immerhin fast zwei kg zugenommen. Wir können bei ihr die Entwicklungsschübe wirklich an Tagen festmachen. Den ersten hatte sie 14 Tage nach Ernährungsumstellung auf glutenfreie Ernährung, den zweiten im Januar, als sie Paukenröhrchen bekam. Noch am gleichen Tag kamen gleich vier Worte hinzu. Sie spricht inzwischen einige Drei-Wort-Sätze. Im Februar wurde sie im SPZ im Sprachverständnis getestet. Da war sie auf dem Stand von ca. 2,5 Jahren. Ich habe oft den Eindruck, das sie Situationen begreift durchs Beobachten, aber nicht weil wir es verbal ausdrücken. Mehrere Aufforderungen hintereinander geht überhaupt nicht. Es geht immer nur eine klare Ansage am besten mit Vorführen/Zeigen...Zum Sprechen: Ihre Aussprache ist sehr nasal und außer uns und ihrem Bruder versteht sie kaum jemand. Inzwischen stellen wir fest, das sie anfängt zu flüstern, sobald sie merkt, das ein Fremder sie nicht mehr versteht oder sie schickt ihren Bruder vor, so das er für sie sprechen muß. Motorisch ist Saschka inzwischen fast altersgerecht - sie fährt Roller, spielt Fußball, klettert auf die Rutsche für die "Großen" etc. Wir sind stolz auf unsere Tochter und finden ihre Fortschritte einfach toll. Unsere Logopädin jedoch meint, die Fortschritte seien zwar beim Spracherwerb vorhanden und sichtbar, aber nicht ausreichend. Was ausreichend wäre, konnte sie uns allerdings auch nicht beantworten. Von der Frühförderung wurde uns jetzt angeraten, über einen Talker nachzudenken. Hat jemand von Euch Erfahrung mit unterstützter Kommunikation? Unsere Befürchtung ist, das sie dadurch noch schwerer sprechen lernt. Die Kinderneurologin vermutet eine auditive Wahrnehmungsstörung - für eine endgültige Diagnose ist es aber jetzt 7 Monate nach der Adoption aus dem Ausland wegen der Fremdsprache noch zu früh. Wir haben den nächsten Termin im SPZ erst im Oktober. Unser Kinderarzt empfiehlt uns eine Klangtherapie. Kennt das jemand??? Unsere Pädaudiologin hat uns eine Sprachheilreha empfohlen. Kennt jemand ein gutes Zentrum oder eine gute Klinik?
Ich würde mich sehr über Eure Antworten freuen, denn im Moment wissen wir wirklich nicht weiter und vor allem auch nicht, was das beste für sie wäre.

Liebe Grüße und schönes Wochenende

Ulrike

Doreen mit Elisei
12.05.2006, 23:12
Hallo Ulrike, unsere Tochter kam mit Down Syndrom zur Welt, sie ist jetzt 5 3/4, hat auch einen Entwicklungsrückstand, aber der ist erheblicher als bei Eurer Kleinen. Sie hat ein ziemlich gutes Sprachverständnis, kann sich selber aber schwer ausdrücken. Wir haben sehr zeitig mit Gebärdenunterstützter Kommunikation (GUK) angefangen. Das heißt, dass ich wenn ich mit ihr spreche die wichtigsten 2-3 Wöerter im satz durch Gebärden verstärke. Sie hat diese Gebärden rasch übernommen und kann sich so besser ausdrücken. Sie redet sozusagen mit den Händen, weil der Mund (wegen der Muskelschwäche) nicht mitmacht. Interessanterweise hat sie die Wörter, die sie vorher als Gebärde hatte immer viel schneller sprechen können, als die die wir ohne Gebärde geübt haben.
Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die belegen, dass die Gebärden genau an der gleichen Stelle und auf die gleiche Art im Hirn gespeichert werden, wie normale gesprochene Wörter. Wenn sie einmal gelernt sind, sind sie einfach als Wortschatz vorhanden und müssen später nur noch gegen ein gesprochenes Wort ausgetauscht werden. Das gelingt den Kindern meist schneller, als ein ganz neues Wort zu lernen. Wir arbeiten mit GUK auch mit unserm Sohn mit LKGS, der aufgrund der Spalte auch Artikulationsprobleme hat und es klappt wunderbar. Er hat einfach Spaß am Kommunizieren, weil er von uns verstanden wird.
Wenn Du magst kann ich Dir mal das System noch ausführlicher erklären. Schreib ne pn, dann können wir auch mal telefonieren. Ich kann Dir auch mal was kopieren und schicken.

A.Makdissi
13.05.2006, 22:54
Hallo Ulrike,

ich habe selber einige Patienten, die mit einem Kommunikationsgerät (Sprachcomputer) versorgt wurden. Ob und welches Gerät für deine Tochter in Frage kommt, kann am besten der behandelnde Logopäde beurteilen, denn es gibt sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten und es muss natürlich ausprobiert werden, welches Gerät am Besten passt. Ausserdem muss man sich einen Therapeuten suchen, der sich wirklich gut damit auskennt - das machen nämlich nicht sehr viele.

Allerdings (wenn ich das so aus der Ferne sagen darf) kann man meiner Meinung nach noch gar nicht beurteilen, ob eure Tochter überhaupt unterstützte Kommunikation braucht....wenn ich alles richtig verstanden habe, ist sie als knapp Vierjährige im letzten Jahr zu euch gekommen und war/ist stark entwicklungsverzögert, ausserdem ist ihre Muttersprache russisch.
Wurde bei ihr auch ein Intelligenztest gemacht? ist eine schwere geistige Behinderung ausgeschlossen?
Ich denke, dass man diesem Kind einfach viel mehr Zeit geben sollte, denn wie soll man in einem halben Jahr eine Sprache sprechen lernen bzw. einen Rückstand aufholen??? Ich habe selber kleine Patienten gehabt, bei denen es auch ohne lkgs und Fremdsprache lange gedauert hat, bis man sprachliche Erfolge deutlich gesehen hat.

Und eure Tochter hat ja schon Fortschritte gemacht und sie will ja auch kommunizieren, oder? Ich finde immer, man sollte erst versuchen, die Lautsprache zu verbessern und wenn das bis zum Ende des Jahres bei regelmäßiger Therapie wirklich gar keine Verbesserung bringt, kann man immer noch elektronische Kommunikationshilfen ausprobieren, ansonsten kann es durchaus passieren, das sie wenn sie jetzt einen Sprachcomputer bekommt wieder weniger spricht.
Unterstützende Gebärden/Lautgebärden wie z.B. GUK wären sicher auch eine gute Möglichkeit.

Meiner Meinung nach solltet ihr es erst mal mit regelmäßiger logopädischer Therapie versuchen, bei der auch intensives Hörtraining gemacht werden sollte, denn (wie schon mal gesagt) Saschka braucht Zeit um alles aufzuholen und Neues zu lernen. Es hängt natürlich davon ab, wie hoch eure Erwartungen sind....aber ich glaube Geduld zahlt sich immer aus, und man ist doch auch stolz auf jeden noch so kleinen Fortschritt :)

Liebe Grüße
Aila

Kerstin und Alex
14.05.2006, 13:48
Hallo Ulrike,
ich hab durch Zufall auch gerade wegen Sprachheilkur geschaut. Ich hab durch das RehaKids Forum eine Klinik bei Osnabrück gefunden. Werscherberg-Klinik heisst die Klinik (www.rehaklinik-werscherberg.de).
Unser KiA empfohl allerdings erst nächstes Jahr zu fahren, auch aufgrund der Adoption. Man sollte bei allem normal erscheinenden die Adoption nicht ganz vergessen.
Ich finde auch, lasst Saschka noch etwas Zeit. Lasst Euch nicht von Eurer Logopädin beirren. Es kommt der nächste Schub und es geht wieder ein bischen besser. Wir wissen auch nicht, wieviel Russisch Alex überhaupt gehört hat.
Du bist ja informiert wie zähflüssig Alex Sprachentwicklung verläuft und er ist jetzt fast 2 Jahre bei uns. Ich kann Euch so gut verstehen. Man wird manchmal ganz schön mutlos.
Wir können auch gern noch mal telefonieren.
Bis dann. Kopf hoch.

blumi
25.05.2006, 15:40
Hallo miteinander,

besten Dank für Eure Antworten. Wir hatten vergangene Woche auch ein Gespräch mit unserer Frühförderung und noch einmal mit unserer Logopädin. Inzwischen sind unsere Befürchtungen etwas ausgeräumt. Wir haben inzwischen auch schon mit ein paar Karten angefangen und wir hätten nicht geglaubt, das Saschka so drauf "abfährt". So werden wir erst mal weitermachen und ihr und uns erst mal noch ein paar Monate Zeit geben.


@Kerstin - zusammen zur Kur wäre schön, habe diese Woche auch mal in Werscherberg angerufen. Wartezeiten fünf bis sechs Monate. Wir werden uns das fürs nächste Jahr mal vormerken.
Im August muß Saschka erst mal in die Klinik, da wird das Restloch verschlossen. Ich werde danach wieder berichten.

Lieben Gruß Ulríke