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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Intoleranz oder Angst



Anonymous
10.06.2005, 11:53
Hallo,

kennt Ihr das, dass die Menschen wissen was euer Kind hat und deshalb nicht hinschauen, Angst haben etwas sagen zu müssen oder am Besten noch garnicht erst auf euch zu gehen. Also wir kennen das zu genüge, obwohl ich es nicht verstehen kann.

Jeder kennt das ist man unterwegs möchte jeder gerne mal gucken, wenn ein neuer Erdenbürger da ist, hat mich nie gestört, aber dann das Stirnrunzeln und wegdrehen, schnell das Thema wechseln.

Heute ist mir das egal aber geändert hat sich nichts, obwohl nicht mehr viel zu sehen ist.

Würde mich über Eure Erfahrungsberichte freuen.

liebe Grüße

Daniela un Tammo

Sandra mit Pascal
10.06.2005, 13:11
Ich glaube diese Blicke kennt jeder von uns.
Bei Pascal waren die Spalten sehr ausgeprägt und einige Leute haben so geschaut. Man weiß nie, ob die Leute sich nicht trauen einen anzusprechen, oder ob es Sensationslust ist-"boah, was ist das denn?"
Ich fand es immer klasse, wenn mich jemand angesprochen hat und geraderaus gefragt hat.
Allerdings bin ich die Zeit, in der Pascal noch nicht operiert war- Lippe ist ja erst seit 5 Monaten zu- sehr offensiv gewesen. Ich hatte ein Shirt mit dem Aufdruck " einmal blöd gucken- 5 Euro". Das hat meist gewirkt.
Aber man muß einfach damit leben. Die Gesellschaft wird sich ( befürchte ich ) nie ändern.

Marion
10.06.2005, 23:18
Ich hatte ein Shirt mit dem Aufdruck " einmal blöd gucken- 5 Euro".
Seeehr schön!


Aber man muß einfach damit leben. Die Gesellschaft wird sich ( befürchte ich ) nie ändern.
Erster Satz: Ja, aber bitte so offensiv wie Du. Letzteres: wohl war , denk ich auch. Die Mehrheit wird sich immer als "normal" empfinden und sich Intoleranz und Voyerismus leisten.

Gigi und Leon
11.06.2005, 00:17
So ein ähnlcihes Thema hatten wir schon einmal, leider kann ich das mit dem Linkhinweis nicht *sorry*
Also wir haben damals ganz klar feststellen können, wer unsere wirklichen Freunde sind. Es war eine traurige, aber doch eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Mit den Blicken der anderen lernt man zu leben. Ich hab mir damals angewöhnt, die Leute offen und direkt auch anzublicken. Meist kam dann auch eine Reaktion zurück , mit der man weiterarbeiten konnte.
Meine Geschichte von der Nachbarbäckerin mit dem "ICH kann gar nicht hinsehen!" die dann fast in den MaxiCosi fiel, hab ich schon zum Besten gegeben. :D
*grins* - einmal blcöd gucken 5 Euro!!!! - den Spruch find ich klasse.
Stirnrunzelnde Wegdreher hatten wir nicht, obwohl das vielleicht auch daran lag, dass ich schon beim "reinsehen" anfinf zu erzählen, so waren die Leute gezwungen zuzuhören. War vielleicht den Leuten gegenüber nicht fair, aber für mich vielleicht eine Art Selbstschutz.
Wir mussten leider damlas sie Erfahrung machen, dass wir mit einem "besonderen" Kind nicht mehr in die " 2Kinder - Reihenhausmit Garten -Idylle " reinpassten. Aber ehrlich gesagt, vermisse ich diese Art Freundschaften überhaupt nicht. Inzwischen wurde zwar wieder von einigen der kontakt gesucht, aber nach diesem Bruch blüht das nicht mehr so auf.

Nicole und Julia
11.06.2005, 09:13
hallo... schau doch mal hier (http://www.lkgs.net/viewtopic.php?t=452)

Dort gehts um Reaktionen vor der OP und wie man mit einigem höchst suspektem und auch traurigem konfrontiert wurde!

Und hier die Reaktionen nach den OPs (http://www.lkgs.net/viewtopic.php?t=574)

kleinrechner
11.06.2005, 14:55
Hallo,
ich muss jetzt doch mal meinen Senf dazu geben...
Ich habe selber keine Kinder (noch nicht), hab mir aber doch einige Berichte durchglesen... das ganze stimmt einen schon sehr nachdenklich...

Es ist hier allerdings so, dass die meisten Berichte von Elternteilen kamen, es ging auch meistens um Babies/Säuglinge und man merkt schon, wie betroffen viele Eltern darauf reagieren (was absolut verständlich ist und was ich auch absolut nachvollziehen kann). Allerdings ist es so, dass Babies das ja noch nicht soo wirklich mitbekommen, später werden sie allerdings sehrwohl mitbekommen, wenn andere Leute sie anschauen/anstarren oder tuscheln usw... und soetwas merkt man sich halt leider auch...

Ich finde den Kontrast nur sehr interessant, zu den Berichten, wie sie hier zu lesen sind und zu der teilweise propagandierten ansicht, dass das Kind genauso ist wie alle anderen und vor allem auch genauso verhandelt wird! Man sieht hier leider sehr deutlich, dass die Realität eben leider ganz und gar nicht so aussieht!

cu
Christian

Kirstin
11.06.2005, 16:13
Hallo,

... ja wir hatten dieses Thema schon mal... aber ich halte es doch für ein sehr zentrales und wichtiges Thema und möchte deshalb auch nochmals dazu schreiben.
Im Gespräch mit einer Freundin, deren Mutter an Krebs gestorben ist, haben wir festgestellt, daß wir tatsächlich
1. in solchen Lebenslagen merken, was echte Freunde sind und
2. dass wir überhaupt keine Berührungsängste haben, und einfach mit der Situation umzugehen wissen. Krankenhäuser zu genüge von innen kennen usw.....

Das ist aber bei ganz vielen nicht der Fall, und die reagieren dann aus Unsicherheit so wie in den Beiträgen beschrieben, mit weggucken usw.

Und ehrlich gesagt, ich will nicht wissen, wieviele Menschen sich schon über meine Reaktion aufgeregt haben, denn letztlich, ist es eben eine Reaktion, für die man sich in Bruchteilen von Sekunden entscheidet.

Und ich glaube auch, dass ich auf ein und den selben Kommentar je nach Verfassung unterschiedlich reagieren würde. Mal würde ich vielleicht denken, "Wow echte Anteilnahme", mal würde ich mich fragen, ob man die Spalte noch sooo deutlich sieht, dass man mich drauf ansprechen muß, und mal würde ich vielleicht auch sagen "Brauche kein Mitleid".

@ Kirsten: meine Ausführungen beziehen sich nicht auf deine Spielplatzbegegnung. Die Mutter würde ich einfach als unhöflich und niveaulos bezeichnen. Egal bei welchem Thema, läßt man sich gegenseitig aussprechen, dann wäre es gar nicht so weit gekommen!

Marion
11.06.2005, 22:54
manche alleridngs wollen halt wirklicj nicht. Hab's erst gestern wieder am eigenen leib erfahren müssen...
Ich war mit den Kindern auf dem Spielplatz hier im Dorf, da spricht mich eine Mutter an, die ich flüchtig kenne, und wir unterhalten uns. Als ich ihr erkläre, dass wir deswegen nicht mehr in der Spielgruppe waren, weil wir in der letzten Zeit so viele Arzttermine hatten, fragt sie: "Ja, der Kleine hatte doch eine Hasenscharte, nicht?" Ich daraufhin: "Nein, er hatte eine LKGS..." und fange schon an zu erklären, da fällt sie mir ins Wort: " Ja, aber das IST doch eine H..., oder?" Ich: "Man hat es früher so genannt, aber der korrekte medizinische Begriff ist LKGS, es ist ja auch nicht nur die Lippe betroffen, sondern auch .."...sie unterbricht mich wieder: "ja, das kann ja sein, aber das ist doch das gleiche, es IST doch eine H..., egal wie man es nennt!" Ich konnte echt nichts mehr sagen, es klang so, als wollte ich vertuschen, was Noel WIRKLICH hat, echt so, als würde ihm ein Stigma anhaften und als wollte ich das verbergen, indem ich einen abstrusen medizinischen Fachbegriff verwende! Einer der wenigen Momente in meinem Leben, in denen ich einfach nur sprachlos war, und im Grunde bis jetzt die schlimmste solcher Erfahrungen. Jetzt hoffe ich bloss, dieser Frau nicht mehr zu begegnen...ich glaube bei ihr hätte auch so ein T-shirt nicht gewirkt :?

Hallo Kirsten! Du hast geschrieben, daß Du sprachlos warst. Wüßtest Du denn jetzt im Nachhinein, was Du noch hättest sagen können oder wollen?

Nicole und Julia
11.06.2005, 23:40
Kirsten, das gleiche kenne ich in ähnlicher Art von unserer Nachbarin, die ist aber total nett und süß, sie ist aber auch schon 65 oder älter, und sie kennt es halt nur unter dem Begriff... wenn ich sie bitten würde es nicht mehr so zu nennen würde sie das tun. Aber immer wenn wir über Jule sprechen sagt sie "die Hasenscharte sieht man aber wirklich kaum mehr, haben sie toll hinbekommen"... mich kränkt das dann nicht mehr, wei sie mir/Jule was gutes sagen will und den Begriff halt ihr Leben lang so kannte. Was nutzt es ihr wenn ich da nun mit Fachvokabular um mich schmeiße, für sie wird es auch dann eine Hasen... bleiben und drum fang ich da auch keine großen Disskusionen an und sage nur "Ja wir haben großes Glück gehabt und sind auch mit Jule sehr zufrieden"....

Bei manchen wird es nichts bringen wenn man erklärt und aufklärt und so lange sie das Wort nicht herabsetzend oder beleidigend verwenden ist es mir dann auch nicht soooo wichtig drum!

Corinna mit Pascal
13.06.2005, 12:24
Bei uns war das so, das der Vater von Pascal ihn überhaupt nicht akzeptiert und seine Mutter natürlich sagt: "Das ist nicht unser Enkelkind". Diese Familie kennen wir schon über 30 Jahre. Aber jetzt haben wir Sie erst mal richtig kennengelernt. Pascals Tante wollte unbedingt Patentante werden und jetzt denkt keiner mehr daran wann Pascal überhaupt geboren wurde. :evil:
Die Nachbarschaft bei meinen Eltern haben sehr gut reagiert. Als Sie ihn sahen sagten Sie:" Der sieht aber süß aus, das ist doch nicht schlimm". Wenn Sie ihn jetzt sehen sagen Sie: " Das wurde aber schön gemacht, man sieht überhaupt nichts mehr".
Da sieht man echt erst wer Freund ist.

sandra dirscherl
15.06.2005, 14:01
Meine Tochter hat eine verdeckte Gaumenspalte. Man sieht also gar nichts. Negative Erfahrungen haben wir trotzdem genug gemacht. Bei Annabell, 6 J., wurde die Spalte erst vor kurzem entdeckt und operiert. In der Sprachentwicklung fehlt ihr viel, sie spricht sehr schlecht. Als sie 3, 4 Jahre alt war und wir auf den Spielplatz gingen, wollte sie gerne mit anderen Kindern spielen, genauso im Schwimmbad. Sie sprach die Kinder an, deren Eltern auch immer in der Nähe waren. Da sie nicht verstanden wurde wandten sich die anderen von ihr ab, nicht so sehr die Kinder vielmehr die Erwachsenen. Die nahmen dann ihre Sprößlinge und gingen ein paar Meter von uns weg, nachdem sie mich mit einem "seltsamen" Blick bedachten. Ich hatte immer den Eindruck die denken mein Kind sei geistig behindert und es könne abfärben. Annabell hat dieses Verhalten voll mitbekommen. Sie sagte dann zu mir: "Mama, die Kinder lieben mich gar nicht." Da sind mir öfter die Tränen gekommen. Aber man legt sich ein dickes Fell zu. Annabells Sprache ist immer noch schlecht aber sie ist selbstbewust und läßt sich nicht mehr so leicht abdrängen. In der Familie war es für uns leichter. Annabells Cousin, 10 J., ist körperbehindert. Wenn man schon jemand mit einer Behinderung in der Familie hat geht man mit Behinderungen im allgemeinen anders um.
Liebe Grüße Sandra mit Annabell