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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : das letzte Untersuchungsprotokoll von Jerome!



steven666
16.02.2005, 23:45
Datum: 19.02.04

Diagnose:

Totale bilaterale LKG-Spalte


Anamnese:

12.05.1998 Verschluss des weichen Gaumens nach Malek (Dr. Kummer)
31.08.1998 Lippenplastik rechts nach Malek (Dr. Kummer)
10.11.1998 Lippenplastik links nach Malek (Dr. Kummer)
Harter Gaumen noch nativ.
...09.2002 Paracentese bds. Dr. Sauter
.. 08.2003 Zahnrevision Klinik Siloah

Chirurgie:
Die Nase ist breit, die Nasenflügel beidseits abstehend, bifide Spitze, die Zwischenlippe ist sehr breit, die Mimik gut, das Lippenrot in der Mitte eher spärlich, beidseits seitlich etwas wulstig. Sehr prominenter Zwischenkiefer. Beidseits breite Kieferspalte. Der weiche Gaumen ist o.B., gut beweglich, der harte Gaumen ist noch offen, funktionell durch den prominenten Vomer aber praktisch geschlossen.

Kieferorthopädische Untersuchung:
Mesialbiss, Anlge Klasse III bei ventraler, anteriorer und lateraler rechtsverlagerter Praemaxilla. (Beobachten)

Otorhinolaryngologische Untersuchung:
Rinne Weber beidseits negativ. Erguss beidseits zur Zeit kein Abnoesyndrom. Die Nase ist leicht deviiert, der naseneingang queroval. sehr eng, die Collumella ist sehr kurt, Nasenspitze abgeflacht. Sehr grosse Tonsillien beidseits. Gresses Adenoid, Velum o.B.

Ortophonische Untersuchung und Beurteilung der Gesichtsmuskulatur
Hat grosse Fortschritte gemacht, spricht und erzählt viel mit/zu seinen Eltern, benennt vieles, recht gut verständlich. Nasalität steht im Moment nicht im Vordergrund, A-I Probe negativ. Viele Laute da, Zisch-Reibelaute fein im kommen, T klingt, evtl. wird es mit Zungenrücken gebildet. G gut da, Lippenbewegungen schön, Mittelteil der Oberlippe bewegt weniger, zum Teil labiodental. Sprachverständnis und Gehör in Kontrolle halten - Sprechfreudigkeit viel ausgeprägter!

Gemeinsame Beuurteilung:

Chirurgie: die Nase ist breit, mit kurzer Collumella und stark abstehenden Nasenflügel beidseits. Die Oberlippe ist in der Mitte breit, das Lippenrot seitlich beidseits etwas zu wulstig.

Kieferorthopädie: Es besteht ein Mesialbiss Klasse III, nach vorn verlagerte Praemaxilla. Erguss beidseits bei Rinne beidseits negativ. Die Tonsilien sind etwas kleiner als früher, das Adenoid, ist nach wie vor relativ gross. Keine AP für ein Schlafapnoe.

Logopäthie: Der Knabe macht grosse Fortschritte, er braucht schon viele Laute. Es besteht keine Nasalität. Die Sprache ist stark labiodental. Auch von der Logopädie her besteht der Verdacht auf ein schlechtes Gehör.

Aufträge:

- Betr. der Sprache empfehlen wir weiterhin den Face-Former zu benutzen. Die Logopäthie findet im Rahmen der Sprachheilschule statt.
- Der Knabe hat einen Termin bei Dr. K. Sauter zur Ablärung des schlechten Gehörs bei Trommelfellerguss beidseits.
- Nach eingehender Diskussion sind wir gemeinsam der Ueberzeugung, dass vorerst kein operatives Vorgehen sinnvoll ist. Der Knabe ist zu jung für eine Zwischenkiefer-Operation, ebenso wären im jetztigen Alter nicht gute Resultate von einer Nasen- und/oder Oberlippenkorrektur zu erwarten. es werden bei Jérôme noch einige Korrektur-OP's notwendig sein, es ist aber nicht sinnvoll, damit in einem Alter zu beginnen, wo erfahrungsgemäss Risiken bestehen, dass spätere Wachstumsstörungen zu befürchten sind und wo man heute weiss, dass die späteren Resultate nicht optimal sein werden.

Nächste Untersuchung:

April 2005

steven666
26.02.2005, 05:30
Sorry, dass ich Deine Anfrage verpasst habe..

Jerome hatte Paukenröhrchen. Das Gehör hat sich dadurch auch rapide vervessert - Bis dann die Nebenerscheinungen hervortraten: 4x hintereinander ME - bis sich die Röhrchen dann irgendwann verabschiedeten. Da die "Hauptschuldigen" sprich die Tonsilien (obere Rachenmandeln) enorm zurückgebildet haben, wollte man ein Jahr lang die zusätzlichen Erfolge beobachten. Diesen April wird entschieden ob neue Röhrchen eingesetzt werden müssen.

Lippen: Die Lippen sind (für einen Mitteleuropäer) etwas wulstig. Doch Jerome ist ein "Indio-Mulatte". D.h. er hätte, auch ohne LKGS , trotzdem eine flachere Nase und etwas wulstigere Lippen.

Sprache: Auch hier wieder eine Spezialität: Jerome ist bilingue, dh. er hat zwei Muttersprachen. Einerseits spricht er Deutsch - andererseits Spanisch. Dazu versteht er noch sehr viel Italienisch. Nicht vergessen darf man, dass die Schriftsprache/das Hochdeutsch für uns Schweizer auch eine Fremdsprache ist!

Peter Ecker
06.03.2005, 16:03
Hallo,
ich kann noch folgendes hinzufügen: bei der A-I-Probe muss man A und I einmal mit zugehaltener und einmal mit offener Nase sagen. Der Klang sollte sich dabei nicht verändern.
Labiodental ist eine Lautbildung mit Unterlippe und Oberzähnen. Was das bedeutet weiss ich nicht, vermutlich irgendeine Kompensation.
Die Tonsillen sind die Gaumenmandeln. Wenn man den Mund aufmacht sind sie links und rechts an der Seite auf den hinteren Gaumenbögen zu sehen. Bei Erwachsenen meist ziemlich klein. Dann gibts noch die Adenoiden oder Rachenmandeln. Sie sind oben im Rachen, also über dem Gaumensegel und gegenüber dem Gaumensegel. Dort liegt auch der Durchgang zum Mittelohr, der dann verstopft wird wenn sich die Rachenmandeln vergrössern. Meistens schwellen gleich beide Mandelsorten gleichzeitig an. Eine Entfernung der Rachenmandeln macht man bei Spaltkindern lieber nicht, da man dadurch den Gaumensegelabschluss riskiert.
Zu spanisch fällt mir noch ein: Können Spaltkinder eigentlich ein R rrrollen? Ich kanns jedenfalls nicht. Ach ja, für bayrisch und schweizerisch braucht man das ja auch.
Liebe Grüsse, Peter

steven666
07.03.2005, 01:05
Hallo Peter

Vielen Dank für Deine Ausführungen!

Ja genau: gerade im Bern-Deutschen wird das rollende Rrr ausschliesslich benutzt. Nur wird bei uns das R vorne, d.h. mit der Zungenspitze geformt.

Labiodental: Labio=Lippe / dental=Zähne

In der Phonetik beschreibt dental den Artikulationsort eines Lautes. Ein dentaler Laut wird mit den Zähnen, den Dentes, gebildet.

Wird zusätzlich zu den Zähnen auch noch die Lippe für die Artikulation eines Lautes genutzt, so spricht man von einem labio-dentalen Laut.
- Was dies nun genau in der "Jerome-Sprache" bedeutet, werde ich mir in der nächsten Sitzung (im April) genau erklären lassen...